Reorganisation: 10 Fehler bei der Umgestaltung von Unternehmen
In vielen Unternehmen sind Umstrukturierungen fast schon an der Tagesordnung. Es gibt gute Gründe, die Unternehmensstrukturen zu überdenken, aber oft wird dabei falsch vorgegangen. In diesem Artikel lernen Sie die 10 häufigsten Fehler bei der Umgestaltung eines Unternehmens kennen und erfahren, worauf Sie bei einer Reorganisation achten sollten.
Was ist eine Reorganisation? Definition in wenigen Sätzen
Unter Reorganisation versteht man das Aufbrechen bestehender Organisationsprinzipien und -strukturen. Die einzelnen Bestandteile der Organisation, z.B. Abteilungen, Teams oder Führungsstrukturen, werden anders zusammengesetzt, weggelassen oder ergänzt. Im Rahmen einer Reorganisation passen Unternehmen mindestens einen der folgenden Aspekte an:
- Änderung der Organisationsprinzipien: z.B. Einführung von cross-funktionalen Teams oder Selbstorganisation
- Änderung der Organisationsform: z.B. Übergang von einer Linienorganisation zur Holokratie
- Änderung der Organisationsstruktur: z.B. neue Teamstrukturen und Positionen
- Änderung der Organisationprozesse: z.B. Veränderung von Abläufen, Schnittstellen, Verantwortlichkeiten oder Berichtsstrukturen
Eine Reorganisation ist nicht nur eine strukturelle Neuordnung, sondern vor allem eine strategisch notwendige Antwort auf sich verändernde Marktbedingungen. Wir müssen uns ständig weiterentwickeln - nicht nur um zu überleben, sondern auch um zu wachsen.
Gründe für eine Reorganisation
Eine Reorganisation kann ein umfangreiches und forderndes Unterfangen sein. Sie passiert nicht einfach so. Es gibt immer Gründe, warum eine Organisation eine Umstrukturierung für notwendig hält, um ihre Ziele zu erreichen. Diese Gründe können intern (z.B. ineffiziente Prozesse und Zusammenarbeit) oder extern (z.B. veränderte Marktsituation) begründet sein. Jedes Unternehmen ist anders aufgestellt, verfolgt andere Ziele und steht vor anderen Herausforderungen. Daher sind auch die Gründe für eine Reorganisation sehr unterschiedlich:
- Neuausrichtung des Geschäftsmodells, der Strategie und/oder des Produktangebots
- Aufbau oder Schließung eines Geschäftsfeldes
- Ungenutzte Überkapazitäten durch sinkende Nachfrage
- Ineffizienz in Betrieb und Weiterentwicklung
- Hohe Aufwände für das Management der Organisation
Beispiel: Reorganisation bei Me & Company
Auch Me & Company hat bereits zwei Reorganisationen hinter sich. 2012 als erste Customer-Experience-Agentur in Deutschland gegründet, haben wir die ersten Jahre in einer hierarchischen Unternehmensorganisation gearbeitet. Me & Company hat seit der Gründung versucht, es etwas anders zu machen als klassische Agenturen:
- Unsere Kultur war von Beginn an agil geprägt.
- Wir waren stark von Design Thinking und Scrum beeinflusst.
- Wir hatten ein Daily Stand-up und ein Kanban-Board.
- Wir haben gemeinsame Teamabende für den Wissenstransfer veranstaltet.
- Wir haben gemeinsame Weiterbildungsreisen unternommen.
Aber bald traten unsere Probleme auf: Niemand konnte so richtig sagen, warum es Me & Company eigentlich gibt. Und wir waren auch nicht so agil und selbstorganisiert, wie wir es sein wollten. Jeder im Team brachte Ideen ein, aber am Ende entschieden die beiden Gründer Vanessa und Nils – und das bei so ziemlich jedem Thema. Von Personalentscheidungen, Budgets, Briefings bis hin zur Sitzordnung im Büro – alles ging über den Tisch von Vanessa und Nils. Das hat uns deutlich langsamer und unflexibler gemacht – und auch einige Kolleg*innen gekostet, die dann lieber woanders arbeiten wollten. Es musste also etwas geschehen.
Von der Holokratie zu Microenterprises
Inspiriert von New-Work-Ideen, Büchern wie „Reinventing Organizations“ von Frederic Laloux und anderen agilen Organisationen haben wir Anfang 2016 begonnen, unsere Unternehmensorganisation komplett neu zu denken. Wir haben ein von der Holokratie inspiriertes Organisationsmodell entwickelt und dessen wichtigste Eckpfeiler in der MeCracy festgehalten: Kern unserer “Unternehmensverfassung” ist ein flexibles Rollensystem, in dem es keine Hierarchien mehr gibt.
Diese Reorganisation hat uns sehr geholfen: Wir sind weiter gewachsen, unsere Kolleg*innen konnten in selbstorganisierten Teams ihre eigene Expertise stärker einbringen und fühlten sich dem Unternehmen mehr verbunden. Vieles davon ist auch heute noch Teil unserer Unternehmens-DNA: Das Arbeiten in Rollen statt in Positionen oder die Grundwerte unserer Zusammenarbeit wie Eigenverantwortung, gegenseitige Unterstützung, hundertprozentige Kundenzentrierung oder Transparenz gelten nach wie vor.
Aber irgendwann haben wir erkannt, dass wir für den Rahmen unserer Zusammenarbeit eine neue Organisationsform brauchen. Seit 2022 arbeiten wir daher in Microenterprises, mehreren kleinen Unternehmen innerhalb von Me & Company. Jedes Microenterprise repräsentiert einen unserer Geschäftsbereiche. Es bestimmt eigenständig Strategie, Arbeitsprozesse, Vorgehensmodelle und interne Organisation. Me & Company als Plattform gibt Rahmenbedingungen wie die übergeordnete Unternehmensstrategie vor und schafft die Strukturen, in denen die kleinen Unternehmen autonom, aber vernetzt arbeiten können.
Ziele einer Neuorganisation
Es gibt unterschiedliche Zielsetzungen für eine Reorganisation der Unternehmensstruktur. Manche Beobachter sagen: Eigentlich geht es doch nur darum, erfolgreicher zu werden und mehr Umsatz zu machen. Das ist nicht ganz falsch, greift aber zu kurz. Die Steigerung des Unternehmenserfolgs und der Wettbewerbsfähigkeit kann ein Ziel der Reorganisation sein. In manchen Fällen ist sie aber auch notwendig, um die Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu sichern. Neuorganisation als Existenzsicherung sozusagen. Nicht zuletzt kann das Ziel auch die Steigerung der Attraktivität als Arbeitgeber sein, wenn ein Unternehmen z.B. das Employer Branding stärken möchte und dafür Personalabteilung und Marketing enger verzahnt.
Betrachtet man die möglichen Ziele einer Reorganisation aus der Perspektive der vier agilen Werte, so lassen sie sich in verschiedene Kategorien einteilen:
- Kundenzentrierung erhöhen: Erhöhung des Mehrwerts, Verbesserung des Kundenerlebnisses, Erhöhung der Marktchancen bei der Entwicklung neuer Lösungen.
- Anpassungsfähigkeit erhöhen: Flexibilität in der Planung und Koordination von Kapazitäten erhöhen, Souveränität im Umgang mit Veränderungen gewinnen
- Wirksamkeit erhöhen: Steigerung der Effektivität, Effizienz und Leistungsfähigkeit von Teams
- Verbundenheit erhöhen: Identifikation mit dem Team und dem Unternehmen stärken
4+1 Dimensionen der Reorganisation
Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand einer Reorganisation oder setzen falsche Schwerpunkte. Es geht nicht nur darum, Kästchen und Linien im Organigramm zu ziehen oder zu verschieben. Neben der Organisationsstruktur spielen die Menschen im Unternehmen eine wichtige Rolle bei der Umstrukturierung: Wie sind die Teams aufgestellt? Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Teams? Welche Rollen gibt es? Und welche Karrierewege stehen den Mitarbeitenden offen? Diese und andere Fragen müssen Unternehmen bei der Neugestaltung berücksichtigen.
Insgesamt lassen sich fünf Dimensionen der Reorganisation unterscheiden. Nur wenn Unternehmen sie alle berücksichtigen, können sie ein ganzheitliches Zielbild entwerfen, um neue Strukturen, Prozesse oder Rollen in der Organisation zu definieren und schrittweise umzusetzen.
1. Organisationsform und -struktur
In die Gestaltung der Organisationsstruktur fließen viele Überlegungen ein. Ausgangspunkt sollte immer eine Analyse der Ist-Situation sein: Warum ist eine Umstrukturierung überhaupt notwendig und was wollen wir verändern? Welche Hindernisse gibt es in der Zusammenarbeit und wie blockieren sie das Unternehmen? Darauf aufbauend können Unternehmen ein Zielbild der Reorganisation entwickeln, das die Markt- und Kundenbedürfnisse, das Geschäftsmodell und Produktportfolio sowie die Unternehmensstrategie einbezieht.
Als Grundlage für die Umstrukturierung sollte zunächst eine gründliche Analyse der Wertströme in der Organisation erfolgen: Wie erzeugen wir Wert für unsere Kund*innen? Welche Aktivitäten sind notwendig, um unsere Lösung herzustellen und auf den Markt zu bringen? Auf dieser Basis können Unternehmen ihre Ablauf- und Aufbauorganisation gestalten:
- Ablauforganisation: Definiert die Abläufe und Prozesse der Wertschöpfung: Welche Arbeitsschritte liegen zwischen dem Kundenbedarf und der Auslieferung des Produktes?
- Aufbauorganisation: Beschreibt die Informations- und Entscheidungsflüsse. Sie bildet die Struktur des Unternehmens ab und zeigt, wie Aufgaben verteilt sind und wer Entscheidungen treffen darf.
Erst mit den hier gewonnenen Erkenntnissen ist es möglich, eine Organisationsform zu definieren. Zentrale Frage: Nach welchem Modell lässt sich die Organisation so gestalten, dass eine möglichst reibungslose Wertschöpfung möglich ist? Bevor sich Unternehmen an die Definition der Aufbauorganisation machen, gilt es zunächst, die Ablauforganisation zu verstehen. Teams, Abteilungen oder Bereiche sollten dementsprechend entlang des Wertstroms definiert und zusammengesetzt werden (z.B. Teams für bestimmte Kundengruppen, Märkte oder Geschäftsfelder).
Dieser Ansatz unterscheidet sich grundlegend von vielen klassischen Reorganisationen, bei denen die Aufbauorganisation im Vordergrund steht: Wer ist wem übergeordnet und wer sagt, was zu tun ist? Entsprechend werden die Arbeitsabläufe gestaltet. Um den Fokus auf eine reibungslose Wertschöpfung zu legen, ist jedoch der umgekehrte Weg richtig: Die Aufbauorganisation ergibt sich aus der Ablauforganisation und muss dieser dienen. Nur so kann die Organisation dafür sorgen, dass die Produkte schnellstmöglich an die Kund*innen gebracht werden.
2. Teams und Rollen
Struktur und Organisationsform geben den Rahmen vor, in dem die Teams agieren. Bei der Zusammenstellung der Teams kommt es nun darauf an, den Zweck, das Angebot und den Mehrwert der jeweiligen Gruppe für ihre Kund*innen zu bestimmen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um Endverbraucher*innen handeln. Auch Kolleg*innen oder andere Einheiten des Unternehmens können Kund*innen eines Teams sein. Ein gutes erstes Instrument zur Bestimmung der Existenzberechtigung eines Teams ist der Elevator Pitch. Skizzieren Sie kurz und prägnant:
- Welches Problem löst das Team?
- Welche Lösungen entwickelt das Team?
- Welchen Wert erzeugt das Team damit für seine Kund*innen?
- Warum ist das für das Unternehmen wichtig?
Sie wissen jetzt, wofür die Teams da sind. Nun geht es darum, die Gruppen mit den notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen auszustatten. Welche Rollen in einem Team benötigt werden, können Sie beispielsweise mit dem Agile Role Mapping von Me & Company definieren. Das Toolset hilft dabei, Aufgabenbereiche zu definieren und Rollen mit Kompetenzen zu versehen.
Um Verantwortlichkeiten im Team zu definieren und zu verteilen, eignet sich das Modell „7 Ebenen der Delegation“ von Management 3.0. Sie können dafür aber auch eine RACI-Matrix nutzen. Die Abkürzung steht für Responsible, Accountable, Consulted and Informed. Mit Hilfe des Tools legen Sie für jedes Thema fest,
- wer für die Umsetzung verantwortlich ist (responsible),
- wer rechenschaftspflichtig ist und die Gesamtverantwortung trägt (accountable),
- wer um Rat gefragt werden sollte (consulted) und
- wer zu informieren ist (informed).
3. Zusammenarbeit zwischen Teams
Wenn die Organisation entlang der Wertschöpfungskette aufgebaut wird, ist die Gestaltung und Koordination der Zusammenarbeit zwischen den Teams entscheidend für den Erfolg. Es reicht also nicht aus, einzelne Teams zu befähigen und z.B. mit agilen Werkzeugen auszustatten. Für die Kund*innen ist es irrelevant, ob ein Team effektiver arbeitet als ein anderes, wenn gleichzeitig die Zusammenarbeit zwischen den Teams langsamer wird – und damit das Produkt bzw. die Dienstleistung später geliefert wird. Die Zusammenarbeit der Teams muss synchronisiert werden, um den Wertschöpfungsprozess zu optimieren. Ein starker Fokus der Reorganisation liegt daher immer auf den Interaktionen zwischen den einzelnen Gruppen.
Dazu kann das Unternehmen beispielsweise einen Service Blueprint einsetzen. Dieses visuelle Werkzeug stellt ganze Geschäfts- oder Serviceprozesse dar und zerlegt die teilweise sehr komplexen Abläufe in einzelne Schritte. Diese werden in einem Diagramm dargestellt. So können Unternehmen definieren, an welcher Stelle welches Team zum Einsatz kommt und z.B. mit den Kund*innen oder anderen Abteilungen des Unternehmens interagiert.
Weitere wichtige Schritte, um die Zusammenarbeit zu koordinieren, sind
- Festlegung der Verantwortlichkeiten zwischen den Teams
- Definition des Verständnisses der gemeinsamen Wertschöpfung
- Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses der übergreifenden Wertschöpfung
4. Karriere und Positionen
Eine weitere Dimension der Reorganisation betrifft das Thema Karriere und Positionen und hat damit direkten Einfluss auf die berufliche Entwicklung der Mitarbeitenden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, klare Entwicklungspfade sowohl für Führungspositionen als auch für Fachlaufbahnen zu definieren. Dabei sind die Bedürfnisse des Unternehmens, die Potenziale und die Interessen der Mitarbeitenden sorgfältig abzuwägen – auch z.B. bei notwendigen Positionswechseln im Rahmen der Reorganisation. Dies erfordert eine systematische Analyse und Planung, damit die Karrierewege nicht nur den Unternehmenszielen entsprechen. Sie müssen auch den individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten der Mitarbeitenden gerecht werden.
Ein wirksamer Ansatz hierfür ist das systemische Coaching. Hiermit können Denkmuster, Einstellungen sowie Ängste und Wünsche der Mitarbeitenden erkannt und berücksichtigt werden. Das Coaching hilft Führungskräften und Personalverantwortlichen besser zu verstehen, welche Unterstützung die Mitarbeitenden benötigen, um sich in der neuen Struktur zurechtzufinden und erfolgreich zu sein.
Darüber hinaus ist es wichtig, die Gehaltsstrukturen und Zusatzleistungen so anzupassen, dass sie die gewünschten Karrierepfade attraktiv unterstützen und gleichzeitig fair und wettbewerbsfähig bleiben. Nur wenn diese Aspekte sorgfältig geplant und umgesetzt werden, kann die Reorganisation ein motivierendes und leistungsförderndes Arbeitsumfeld schaffen, das sowohl den Unternehmenszielen als auch den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht wird.
+1 Transformation und Kommunikation
Die beschriebenen vier Dimensionen bilden die fachlich-konzeptionelle Ebene ab. Eine erfolgreiche Reorganisation muss aber auch die Einstellungen, Ängste und Wünsche der Beschäftigten berücksichtigen. Eine Reorganisation sollte daher nie einfach “von oben” durchgesetzt, sondern als partizipativer Prozess gestaltet werden. Natürlich kann nicht jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter an allen Entscheidungen beteiligt werden. Es sollte aber immer die Möglichkeit bestehen, über den Dialog Einfluss zu nehmen – oder zumindest die eigene Position sichtbar zu machen. Darüber hinaus sollte das “Reorganisationsteam” Dialogformate für Feedback und Austausch anbieten. Hier einige Vorschläge:
- Dialog über Auslöser und Ziele der Reorganisation: Stellen Sie die Verbindung zwischen den Maßnahmen und den Zielen her, indem Sie die Mitarbeitenden gleich zu Beginn der Reorganisation abholen und in den Prozess einbinden. Gehen Sie dabei auch auf Bedenken oder Kritik ein.
- Kommunikation von Status und Entwicklungen im Veränderungsprozess: Sorgen Sie während des gesamten Prozesses für eine hohe Transparenz über den Status und die weiteren Entwicklungen. Richten Sie zentrale Informationsquellen ein (z.B. im Intranet) und etablieren Sie Dialogformate zum Austausch (z.B. Lean Coffee, partizipative Workshops zur Entwicklung der Organisation).
- Reflektieren Sie regelmäßig den Bedarf: In Reviews können Sie Feedback von allen Stakeholdern der Reorganisation einholen und überprüfen, ob sich Bedürfnisse oder Gegebenheiten verändert haben.
- Konzeption und Weiterentwicklung der Maßnahmenplanung: In regelmäßigen Roadmap-Meetings kann über die Planung und Weiterentwicklung der Maßnahmen informiert werden.
10 typische Fehler bei der Umstrukturierung
Bei der Reorganisation treten immer wieder Fehler auf, die den Erfolg gefährden. Im folgenden Abschnitt beleuchtet der Artikel zehn typische Fehler, die Unternehmen bei der Restrukturierung ihrer Organisation häufig machen: von unklaren oder vagen Zielen über das reine Kopieren von Organisationsmodellen bis hin zum mangelnden Einbezug der betroffenen Mitarbeitenden.
- Unklare oder vage Ziele
- Neue Struktur als Selbstzweck
- Rein mechanistische Betrachtung der Reorganisation
- Keine Verbindung zwischen Geschäftsmodell, Strategie und Organisationsaufbau
- Reorganisation behandelt nur Symptome
- Ungeeignetes Organisationssystem aufgrund unzureichender Analyse
- Überhöhte Erwartungen an das neue System
- Betroffene werden nicht einbezogen
- Kopieren von Modellen ohne Anpassung an den Kontext
- Veränderungsbedarfe werden nicht erhoben
1. Unklare oder vage Ziele
Unklare oder vage Ziele führen oft zu erheblichen Problemen während des Umstrukturierungsprozesses. Ohne klar definierte Ziele ist es für das Management und die Belegschaft schwierig zu verstehen, was genau erreicht werden soll. Dies kann zu einer mangelnden Ausrichtung der internen Prozesse und Ressourcen führen, da verschiedene Abteilungen möglicherweise an unterschiedlichen Zielen arbeiten, ohne sich dessen bewusst zu sein.
Beispiel: Ein Unternehmen möchte seine Aufbauorganisation verändern, um Entscheidungswege zu verkürzen. Als Ziel gibt das Unternehmen an: “Wir wollen flachere Hierarchien schaffen“, ohne konkret zu definieren, welche Entscheidungswege verkürzt werden sollen und wie dies praktisch umgesetzt werden kann. Die verschiedenen Abteilungen interpretieren das Ziel unterschiedlich: Einige Teams reduzieren die Anzahl der Führungsebenen drastisch, andere führen lediglich neue Berichtslinien ein. Diese Unklarheiten führen zu Verwirrung und Inkonsistenzen im gesamten Unternehmen. Die Mitarbeitenden sind sich über ihre neuen Rollen und Verantwortlichkeiten unsicher, was die Effizienz beeinträchtigt und zu Frustration und Widerstand führt.
Ein konkretes Problem, das sich aus unklaren Zielen ergibt, ist also der Verlust der Unterstützung durch die Belegschaft. Wenn die Mitarbeitenden die Ziele der Reorganisation nicht kennen, führt dies zu Unsicherheit und Widerstand gegen die Veränderungen. Dieser Widerstand kann sich in geringerer Produktivität, offener Ablehnung der neuen Prozesse oder sogar in erhöhter Fluktuation äußern.
Die Ziele einer Reorganisation sollten daher klar und SMART (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und terminiert) definiert werden. Dies trägt zu einer breiten Unterstützung und erfolgreichen Umsetzung bei.
2. Neue Struktur als Selbstzweck
Ein weiterer häufiger Fehler bei Reorganisationen ist die Einführung neuer Strukturen als Selbstzweck, ohne dass diese durch sachliche Notwendigkeiten gerechtfertigt sind. Unternehmen tun dies häufig, um auf Trends zu reagieren oder eine Modernität zu signalisieren, die nicht durch die Unternehmensrealität gedeckt ist. Dies kann die Wirksamkeit der Reorganisation erheblich beeinträchtigen, da sie keinen klaren Beitrag zur Verbesserung der Unternehmensleistung leistet.
Beispiel: Eine Organisation beschließt die Einführung einer Matrixstruktur, weil diese als modern und fortschrittlich angesehen wird. Die Entscheidungsträger haben jedoch nicht ausreichend geprüft, ob diese Strukturform den spezifischen Anforderungen des Unternehmens entspricht. In der Praxis führt dies zu Verwirrung bei den Mitarbeitenden, die sich plötzlich mit unklaren Zuständigkeiten und überlappenden Verantwortlichkeiten konfrontiert sehen. Die Folge sind vermehrte Konflikte, ineffiziente Entscheidungsprozesse und eine sinkende Mitarbeiterzufriedenheit, da die neuen Strukturen die tatsächlichen Arbeitsabläufe nicht unterstützen.
Entscheidend ist daher, dass jede Reorganisation auf einer gründlichen Analyse der tatsächlichen Bedürfnisse und Ziele des Unternehmens basiert. Neue Strukturen sind nur dann sinnvoll, wenn sie einen klar definierten Zweck erfüllen, der unmittelbar zur Steigerung der Effizienz, Effektivität und letztlich zur besseren Erreichung der Unternehmensziele beiträgt. Dies stellt sicher, dass die Reorganisation nicht nur eine kurzfristige Anpassung ist, sondern eine langfristige Verbesserung bewirkt.
3. Rein mechanistische Betrachtung der Reorganisation
Viele Unternehmen verstehen Reorganisation als rein mechanistischen Prozess und vernachlässigen dabei menschliche Aspekte wie die Denkmuster, Einstellungen, Ängste und Wünsche der Belegschaft. Diese Herangehensweise behandelt strukturelle Veränderungen als rein technische Aufgabe und übersieht, dass der Erfolg einer Reorganisation maßgeblich von der Akzeptanz und Unterstützung der Mitarbeitenden abhängt.
Beispiel: Ein Unternehmen beschließt, seinen Vertrieb umzustrukturieren, um die Effizienz zu steigern. Die Führungskräfte konzentrieren sich ausschließlich auf die Neuaufteilung der Verkaufsgebiete und die Einführung neuer Reporting-Tools, ohne die Mitarbeitenden in den Entscheidungsprozess einzubeziehen und deren Feedback zu berücksichtigen. Dieses Vorgehen führt zu Unzufriedenheit und Verunsicherung. Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht wertgeschätzt, nicht gehört und identifizieren sich nicht mit den neuen Strukturen. Die Folgen: innere Kündigung, sinkende Leistungsbereitschaft und steigende Fluktuation.
Eine Reorganisation muss daher nicht nur als struktureller, sondern auch als organischer Veränderungsprozess verstanden werden, der die Mitarbeitenden aktiv einbezieht und ihre emotionalen und psychologischen Reaktionen berücksichtigt. Nur so können Unternehmen einen tiefgreifenden und nachhaltigen Wandel erreichen, der sowohl die Effizienz steigert als auch die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeitenden erhält.
Jede Reorganisation muss die Mitarbeitenden mitnehmen, ihre Ängste ernst nehmen und ihre Potenziale nutzen. Veränderung ist immer auch eine Chance für persönliches Wachstum und Entwicklung.
4. Keine Verbindung zwischen Geschäftsmodell, Strategie und Organisationsaufbau
Wenn der neue Organisationsaufbau nicht auf das Geschäftsmodell und die Strategie abgestimmt ist, kann dies zu strategischen Fehlausrichtungen und ineffizienten Strukturen führen, die den Anforderungen des Marktes nicht gerecht werden.
Beispiel: Ein Technologieunternehmen möchte seine Organisationsstruktur dezentralisieren, um die Entscheidungsfindung zu beschleunigen. Die Reorganisation basiert jedoch nicht auf einer gründlichen Analyse des bestehenden Geschäftsmodells oder der Unternehmensstrategie. Das Unternehmen ist in einem stark regulierten Markt tätig, der schnelle Entscheidungen oft erschwert und stattdessen eine starke zentrale Steuerung erfordert. Die neue dezentrale Struktur führt zu Verwirrung und Konflikten darüber, wer für die Einhaltung der Regeln verantwortlich ist. In den dezentralen Bereichen mangelt es zudem an regulatorischen Kenntnissen, was letztlich die Marktposition und die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens schwächt.
Um solche Probleme zu vermeiden, sollte eine Reorganisation gründlich geplant und umgesetzt werden. Das Geschäftsmodell und die strategischen Ziele des Unternehmens dienen dabei als Grundlage für die Gestaltung der Organisationsstruktur. Nur wenn diese Elemente nahtlos ineinander greifen, kann die Reorganisation zu einer echten Effizienzsteigerung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit führen.
5. Reorganisation behandelt nur Symptome
Ein weiteres weit verbreitetes Missverständnis im Zusammenhang mit Reorganisationen ist die Konzentration auf die Symptome statt auf die Ursachen bestehender Probleme im Unternehmen. Dies führt dazu, dass die eigentlichen Ursachen der Schwierigkeiten unangetastet bleiben, was langfristig zu einer Verschärfung der Probleme führen kann.
Beispiel: Ein Einzelhandelsunternehmen reagiert auf sinkende Verkaufszahlen mit einer Umstrukturierung der Verkaufsabteilung. Mehr Personal und eine Umgestaltung der Verkaufsflächen sollen die Verkaufszahlen steigern. Die eigentlichen Gründe für den Umsatzrückgang, wie z.B. ein veraltetes Produktangebot oder unzureichende Online-Marketingmaßnahmen, werden jedoch nicht angegangen. Da die grundlegenden Herausforderungen des veränderten Käuferverhaltens und der zunehmenden Online-Konkurrenz nicht gelöst werden, sind die Ergebnisse der Reorganisation nur kurzfristig positiv. Das anfängliche Umsatzwachstum flacht ab und die Kosten für zusätzliches Personal verschlechtern die finanzielle Situation des Unternehmens.
Entscheidend für eine erfolgreiche Reorganisation ist eine gründliche Analyse, um die eigentlichen Ursachen der Probleme zu identifizieren. Nur so können nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die nicht nur die Symptome lindern, sondern das Unternehmen als Ganzes stärken und zukunftsfähig machen.
6. Ungeeignetes Organisationssystem aufgrund unzureichender Analyse
Eine unzureichende Analyse des Ist-Zustandes und der gewünschten Ausrichtung des Unternehmens kann zur Wahl eines ungeeigneten Organisationssystems führen. Dies kann zur Folge haben, dass eine Struktur geschaffen wird, die nicht den tatsächlichen Bedürfnissen und Gegebenheiten des Unternehmens entspricht.
Beispiel: Inspiriert von den Arbeitsplatzkonzepten moderner Start-ups beschließt ein traditionell geführtes Produktionsunternehmen die Einführung einer offenen und kollaborativen Arbeitsumgebung. Das Management setzt diese Veränderung jedoch ohne gründliche Analyse der Unternehmenskultur und der spezifischen Anforderungen der Fertigungsprozesse um. Die Mitarbeitenden erledigen komplexe mechanische Aufgaben und waren bisher ein strukturiertes und ruhiges Arbeitsumfeld gewohnt. Die neuen offenen Arbeitsbereiche und der Abbau von räumlichen Trennwänden sorgen nun für ständige Unterbrechungen und Ablenkungen, die die Konzentration und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden stark beeinträchtigen. Die Produktivität sinkt und die Unzufriedenheit in der Belegschaft steigt.
Das Beispiel zeigt: Eine gründliche Analyse des Ist-Zustandes und eine genaue Abstimmung des Organisationssystems auf die spezifischen Bedürfnisse und die Unternehmenskultur sind entscheidend. Nur so kann ein Unternehmen sicherstellen, dass die Reorganisation tatsächlich zu einer Verbesserung der Leistung führt.
7. Überhöhte Erwartungen an das neue System
Shareholder und Management neigen dazu, die Möglichkeiten eines neuen Systems zu idealisieren: Es löst alle unsere Probleme. Diese unrealistischen Erwartungen können jedoch schnell zu Enttäuschungen führen, wenn sich herausstellt, dass das neue System auch seine Grenzen und Herausforderungen hat.
Beispiel: Ein Dienstleistungsunternehmen führt ein neues CRM-System ein, um die Kundenbeziehungen effizienter zu gestalten. Das Management präsentiert dieses System als die ultimative Lösung für alle Kundenmanagementprobleme, einschließlich der Steigerung der Kundenzufriedenheit und der Optimierung des Verkaufsprozesses. In der Realität erweist sich das CRM als kompliziert in der Anwendung. Es integriert sich zudem nicht nahtlos in die bestehenden IT-Systeme. Die Mitarbeitenden sind frustriert, weil das neue System ihre Arbeitsabläufe eher verkompliziert als vereinfacht. Und die erwarteten Verbesserungen bleiben auch aus. Der anfängliche Optimismus weicht einer generellen Skepsis gegenüber weiteren technologischen Neuerungen.
Deshalb ist es wichtig, von Anfang an realistische Erwartungen zu setzen. Management und Belegschaft sollten darauf vorbereitet sein, dass jedes neue System eine Anlaufzeit benötigt und möglicherweise Anfangsschwierigkeiten mit sich bringt. Durch eine offene Kommunikation über die realistischen Möglichkeiten und Grenzen des neuen Systems erreicht das Unternehmen eine breitere Akzeptanz und eine effektivere Nutzung des Systems.
8. Betroffene werden nicht einbezogen
Wenn Entscheidungen über strukturelle Veränderungen ausschließlich auf Managementebene getroffen werden, ohne die Expertise und das praktische Wissen der Mitarbeitenden zu berücksichtigen, kann dies zu ineffizienten und fehlerhaften Strukturentscheidungen führen.
Beispiel: Ein IT-Unternehmen möchte seine Support-Teams neu organisieren, um die Reaktionszeiten auf Kundenanfragen zu verbessern. Das Management entscheidet sich für eine Zentralisierung der Supportfunktionen an einem Standort, ohne die derzeitigen Support-Mitarbeitenden in den Entscheidungsprozess einzubeziehen. Nach der Umsetzung stellt sich heraus, dass die Expertise der einzelnen Teams in Bezug auf regionale Märkte und Kundenbedürfnisse eine kritische Komponente für die schnelle und effektive Bearbeitung von Kundenanfragen war. Da das neue zentrale Team nicht mit den spezifischen Anforderungen der verschiedenen Märkte vertraut ist, führt die Reorganisation zu längeren Bearbeitungszeiten und einer geringeren Kundenzufriedenheit.
Unternehmen sollten eine Reorganisation daher immer als partizipativen Prozess gestalten und die Meinungen und Erfahrungen aller betroffenen Beschäftigten berücksichtigen. Dies sichert ein praxistaugliches und effektives System und stärkt das Engagement und die Unterstützung der Mitarbeitenden für die Veränderungen.
9. Kopieren von Modellen ohne Anpassung an den Kontext
Eine beliebte Vorgehensweise bei der Reorganisation ist die unkritische Übernahme von Organisationsmodellen, die gerade als Trend gelten, ohne sie an den spezifischen Kontext des Unternehmens anzupassen. Das bloße Kopieren kann jedoch zu ernsthaften Problemen führen, wenn die einzigartigen Herausforderungen und Bedürfnisse des Unternehmens nicht berücksichtigt werden.
Beispiel: Ein Softwareunternehmen beschließt, das Spotify-Modell zu übernehmen. Dieses Modell, das für seine Flexibilität und Innovationsfreudigkeit bekannt ist, soll helfen, die Produktentwicklung zu beschleunigen. Das Unternehmen hat jedoch eine ganz andere Unternehmenskultur und Mitarbeiterstruktur als Spotify. Es verfügt über eine stärker hierarchisch geprägte, weniger eigenverantwortlich agierende Belegschaft, die nicht an selbstorganisiertes Arbeiten gewöhnt ist. Die Umstellung führt zu Verwirrung und Widerstand bei den Mitarbeitenden, weil sie nicht ausreichend begleitet wird und nicht in die bestehenden Strukturen passt. Statt der erhofften Steigerung von Innovationskraft und Effizienz sind sinkende Produktivität und steigende Frustration die Folge.
Bestehende Organisationsmodelle können durchaus als Anregung für die eigene Reorganisation dienen. Eine vollständige Übernahme oder Kopie ohne Anpassung an die unternehmensspezifischen Gegebenheiten und die Unternehmenskultur ist jedoch zum Scheitern verurteilt.
10. Veränderungsbedarfe werden nicht erhoben
Hält ein Unternehmen starr an einem vorher festgelegten Plan fest, ohne auf neue Erkenntnisse oder veränderte Umstände zu reagieren, steigt das Risiko eines Scheiterns der Reorganisation. Dies kann zu Unterbrechungen der Geschäftskontinuität, Abwanderung von Mitarbeitern, mangelndem Engagement und unzureichender Umsetzung der geplanten Maßnahmen führen.
Beispiel: Ein Einzelhandelsunternehmen plant eine umfassende Reorganisation seiner Filialstruktur, um Kosten zu senken und die Effizienz zu steigern. Der zu Beginn des Jahres beschlossene Plan sieht vor, einige Filialen zu schließen und andere zu vergrößern. Während des Prozesses änderten sich jedoch die Marktbedingungen erheblich – ein neuer Wettbewerber tritt in den Markt ein und das Verbraucherverhalten verlagert sich zunehmend auf den Online-Handel. Diese Veränderungen wurden im ursprünglichen Plan nicht berücksichtigt, und das Unternehmen setzt die Umstrukturierung der Filialen gemäß dem ursprünglichen Plan fort. Das Ergebnis: Die umstrukturierten Filialen erzielen nicht die erwarteten Umsätze. Es wurden wertvolle Ressourcen in Projekte investiert, die nicht mehr den Marktbedingungen entsprachen.
Dies unterstreicht die Notwendigkeit, in Reorganisationsprozessen flexibel zu bleiben und Pläne regelmäßig zu überprüfen. Ein kontinuierliches Monitoring der internen und externen Entwicklungen und die Integration dieser Informationen in den Reorganisationsprozess stellen sicher, dass das Unternehmen auf Kurs bleibt und die gesetzten Ziele erreicht werden.
Tipps für eine erfolgreiche Reorganisation
Was der Artikel bisher gezeigt hat: Der schwierigste Teil einer Reorganisation ist nicht das Zeichnen neuer Organigramme. Eine Neuordnung muss vor allem die Herzen und Köpfe der Menschen gewinnen, die diese Veränderungen leben sollen. Hier einige Tipps für eine erfolgreiche Reorganisation:
- Kommunizieren Sie die Ziele und Maßnahmen der Reorganisation: Ein zentraler Hebel für eine erfolgreiche Reorganisation ist die transparente Kommunikation der Ziele und Maßnahmen. Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden über alle Vorhaben, um Ängste abzubauen und die Unterstützung für den Prozess zu fördern. Etablieren Sie dazu beispielsweise offene Dialogformate, in denen auch die Mitarbeitenden ihre Perspektive einbringen können. Und stellen Sie durch eine organisationsweite Push-Kommunikation sicher, dass alle relevanten Informationen geteilt werden.
- Machen Sie den Stand und die Entwicklungen im Veränderungsprozess zugänglich: Auch im laufenden Prozess sollten Sie transparent bleiben und den aktuellen Stand sowie die anstehenden Entwicklungen der Reorganisation öffentlich machen. Richten Sie deshalb Informationskanäle (z.B. im Social Intranet) ein, über die sich interessierte Mitarbeitende auf dem Laufenden halten können.
- Fördern Sie den Austausch über Entwicklungen und Erfahrungen: Wie ist die Reorganisation vorangeschritten? Welche Stolpersteine gab es oder gibt es noch? Und woran sollte unbedingt noch gearbeitet werden? Bieten Sie den an der Reorganisation Beteiligten und Betroffenen Möglichkeiten, sich über Entwicklungen und Erfahrungen auszutauschen. Hierfür eignen sich Formate wie Lean-Coffee-Meetings, Intervision, Fuckup-Sessions oder auch Tools wie das Celebration Grid.
- Ermöglichen Sie die Entwicklung neuer Fähigkeiten und Kompetenzen: In der neuen Struktur werden wahrscheinlich andere oder zusätzliche berufliche Qualifikationen benötigt. Durch Schulungen, Pairing und fachliches Coaching sorgen Sie dafür, dass Ihre Mitarbeitenden die Kompetenzen und Fähigkeiten entwickeln, die in der neuen Umgebung benötigt werden.
- Qualifizieren Sie Ihre Mitarbeitenden für neue Arbeitsmethoden: Nicht nur Zuständigkeiten und Kompetenzen ändern sich im Zuge der Reorganisation. Auch neue (agile) Arbeitsmethoden kommen in der neu gestalteten Organisation zum Einsatz. Mit Trainings und Coachings qualifizieren Sie Ihre Mitarbeitenden, diese neuen Methoden zu erlernen und anzuwenden.
- Begleiten Sie die Einführung der neuen Strukturen und Teams: Die neuen Strukturen und Teams im Unternehmen können herausfordernd sein. Neben der Kommunikation der Maßnahmen und Entwicklungen ist daher auch ein organisatorisches Onboarding wichtig: Gestalten Sie beispielsweise Kickoff-Workshops für die Teams, in denen die neu formierten Teams ein gemeinsames Team-Manifest entwickeln und partizipativ ihre Arbeitsweise und -organisation erarbeiten.
- Unterstützen Sie Ihre Teams bei der Veränderung: Manchmal ist es mit einem Onboarding allein nicht getan. Neue oder neu zusammengesetzte Teams durchlaufen in ihrer Entwicklung mehrere Phasen, bis sie ihre maximale Leistungsfähigkeit erreicht haben. Das Tuckman-Modell beschreibt vier Phasen (Forming, Storming, Norming, Performing), die ein Team in seiner Entwicklung durchlebt. Um Teams in diesen Phasen zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, ihr maximales Potenzial zu entfalten, kann Agile Coaching hilfreich sein. Agile Coaches begleiten ihre Teams durch diese Phasen und haben unterschiedliche Möglichkeiten, mit der Dynamik der verschiedenen Entwicklungsphasen umzugehen.
- Machen Sie Konflikte sichtbar und finden Sie geeignete Lösungen: Konflikte bleiben bei einer Reorganisation nicht aus. Verschweigen Sie sie nicht und kehren Sie sie nicht unter den Teppich. Konflikte können nur gelöst werden, wenn sie sichtbar sind und sich die Beteiligten damit auseinandersetzen. Und Konflikte sind nicht per se schlecht. Reibung und Meinungsverschiedenheiten können zu besseren Ergebnissen führen. Coaches können bei der Konfliktbearbeitung unterstützen. In bestimmten Fällen kann auch eine Mediation hilfreich sein.
Fazit
Die Reorganisation von Unternehmensstrukturen ist ein komplexes Thema, das weit über das Zeichnen neuer Organigramme hinausgeht. Häufig werden dabei Fehler gemacht, wie z.B. unklare Zielsetzungen, die Vernachlässigung des Faktors Mensch oder die unreflektierte Übernahme externer Modelle. Jeder dieser Fehler beeinträchtigt die Wirksamkeit der angestrebten Veränderungen und lässt das eigentliche Potenzial einer Reorganisation ungenutzt.
Die im Artikel vorgestellten „4+1 Dimensionen der Reorganisation“ bieten einen Rahmen, um die Komplexität des Prozesses systematisch anzugehen. Sie betonen die Bedeutung aller Ebenen des Unternehmens – von der Organisationsstruktur über die Teamdynamik bis hin zur Karriereplanung und den Kommunikationsmaßnahmen. Auf diese Weise können Unternehmen ihre Reorganisation so gestalten, dass sie sowohl den Unternehmenszielen als auch den Bedürfnissen der Beschäftigten gerecht wird.
Eine gut durchdachte Reorganisation kann die Flexibilität, Wettbewerbsfähigkeit und Agilität eines Unternehmens in einem sich schnell verändernden Marktumfeld stärken. Der Schlüssel zum Erfolg liegt jedoch darin, aus Fehlern zu lernen, adaptiv zu planen und den menschlichen Aspekt des Wandels nicht aus den Augen zu verlieren. Nur so kann eine Reorganisation ihre eigentlichen Ziele erreichen und das Unternehmen auf einen nachhaltigen Erfolgskurs bringen.