Von Positionen zu Rollen: so verlief die Transformation bei inbestergesellschaft

Rollen statt Positionen: Was in agilen Organisationen Standard ist, ist für viele klassisch strukturierte Unternehmen ungewohnt. Nina Kipping erklärt in ihrem Gastbeitrag, wie der Wandel in ihrem Unternehmen gelungen ist. Nina ist Projektmanagerin bei der Kölner Strategie- und Designagentur inbestergesellschaft und Absolventin unserer Agile Coach Ausbildung.

Warum Rollen statt Positionen?

Wenn man sich weiterentwickelt, erweitert sich auch das Blickfeld. Alltägliche Dinge sieht man plötzlich anders. Routinen werden fragwürdig. Ich habe diesen Prozess deutlich erleben können, als ich meine Weiterbildung zum Agile Coach mit Me & Company absolviert habe.

Projektmanagement und Strategie – das ist meine Positionsbeschreibung bei inbestergesellschaft, der Strategie- und Designagentur aus Köln, für die ich seit Anfang 2021 arbeite. In einem achtköpfigen Team betreue ich Kund*innen mit sozialem und ökologischem Schwerpunkt. Für das Gute in der Welt. Das Gleiche wünsche ich mir natürlich auch für meine Arbeit und mein Team. Diese Motivation führte bei mir zu einem Unbehagen und der Erkenntnis, dass meine bisherige Positionsbeschreibung die Facetten und die Komplexität meiner Arbeit nicht abbildete. Gleichzeitig kommunizierte sie unsere konkrete Expertise und Verantwortung nicht transparent nach außen. Mit dieser inneren Spannung wandte ich mich an die Geschäftsführung. Meine Bitte: einen Versuch wagen, die Positionen in Rollen zu transformieren.

Wir sind mit New Work vertraut und nutzen bei inbestergesellschaft  bereits an verschiedenen Stellen Tools und Methoden, um dieses neue Arbeiten auszuprobieren und in unsere Unternehmenskultur zu implementieren. Hier ist auch mein Wunsch zur Weiterbildung immer stärker geworden, denn als Agile Coach kann ich diese Prozesse nun intern begleiten, z. B. auch den Rollenprozess.

Unsere Gastautorin Nina Kipping ist Projektmanagerin bei der Kölner Agentur inbestergesellschaft und hat von Mai 2022 bis März 2023 die Agile Coach Ausbildung bei Me & Company absolviert (Foto: privat).
Unsere Gastautorin Nina Kipping ist Projektmanagerin bei der Kölner Agentur inbestergesellschaft und hat von Mai 2022 bis März 2023 die Agile Coach Ausbildung bei Me & Company absolviert (Foto: privat).

Unser Ziel: Klare Rolle statt Kontrolle!

Das rollenbasierte Arbeiten verspricht, dass Aufgaben an die Kolleg*innen mit der größten Expertise verteilt werden. Und dieser Expertise wird auch das Vertrauen entgegengebracht, relevante Entscheidungen zu treffen.

„Verteilte Macht statt Hierarchie, so beschreiben wir unsere Haltung gegenüber Verantwortlichkeiten.“ Dieses Credo klingt aus dem Mund unseres Co-Geschäftsführers Aaron sehr überzeugend. Doch ist dieser geschmeidige Slogan auch im Arbeitsalltag umsetzbar? Kontrolle abgeben, Verantwortung übernehmen und Pflichten klar benennen, um unausgesprochene Erwartungen zu beseitigen, das ist, was wir mit der Rollenverteilung erreichen wollten.

Verteilte Macht statt Hierarchie, so beschreiben wir unsere Haltung gegenüber Verantwortlichkeiten.

Aaron Wolber
Geschäftsführer von inbestergesellschaft

Positionen festigen Hierarchien, Rollen Verantwortlichkeiten

Es war für meinen Vorschlag ein passender Moment: In unserem mit den Aufgaben gewachsenen Unternehmen entwickelte sich kontinuierlich eine Gleichzeitigkeit von Projekten und Einarbeitungen und damit einhergehend ein Verlust an Struktur und Überschaubarkeit. Hier wollten wir keine blinden Flecken entstehen lassen. Zuständigkeiten haben sich überlagert und Verantwortlichkeiten wurden nicht deutlich kommuniziert. Das führte zu einer inflationären Berichterstattung bei unseren Vorgesetzten. Dies kann man auf unsichere Gefühle wegen ungeklärter Verantwortlichkeit zurückführen. Freigaben mussten (schnell) erteilt werden, ohne dass die Verantwortlichen im Prozess beteiligt sind. Doch das sind Symptome, deren Ursachen behandelbar sind. Diese Spannung erlebten auch meine Kolleg*innen, sodass wir aus diesem gemeinsamen Interesse einen Prozess für mehr Transparenz in der Aufgabenverteilung und -verantwortung gestartet haben: die Etablierung des Arbeitens in Rollen statt auf Positionen.

Klassische Positionen beschreiben und festigen Hierarchien – so unsere Erfahrung. Verantwortungen und Pflichten verselbstständigen sich implizit in der stillen Annahme, man wisse, wo wir uns in der Hierarchie einzuordnen haben und was das bedeutet. Es entstehen Erwartungen, die nicht immer bewusst sind und selten kommuniziert werden. Hier sahen wir Konfliktpotenzial – nicht nur im Arbeitsalltag.

Rollen hingegen definieren Aufgaben und honorieren Kompetenz mit Vertrauen, Verantwortung zu übernehmen. Außerdem nehmen sie die Privatperson aus der Schusslinie. Viele, auch anhaltende Konflikte im Berufsleben entstehen meiner Erfahrung nach, wenn sich Mitarbeitende durch Verhalten oder Aussagen persönlich angegriffen fühlen. Durch das Rollenmodell, so unsere Annahme, kann Kritik an Rollen und eventuell nicht erfüllte Aufgaben adressiert und sogar verbal von der Person gelöst werden.

Rollenbasierte Unternehmensstruktur am Beispiel mymuesli (Quelle: inbestergesellschaft).
Rollenbasierte Unternehmensstruktur am Beispiel mymuesli (Quelle: inbestergesellschaft).

Lernen am Modell

Das Rollenmodell ist in seiner radikalen Form aus dem Organisationsmodell „Holacracy“ bekannt. Unser Team war sich einig, dass es gut ist, mit einem erprobten Konzept in einen solchen Prozess zu gehen. Meinem Wunsch nach Struktur kam dies sehr zupass. Das Rollenmodell besagt, dass man im Konsent zu einer Rollenverteilung auf alle Mitarbeitenden kommt. Konsent bedeutet, dass eine Entscheidung als getroffen gilt, wenn keiner der Beteiligten einen schwerwiegenden Einwand erhebt. Eine Rolle ist die Verbindung aller Aufgaben und Zuständigkeiten zu einem Anforderungsprofil.

(Quelle: inbestergesellschaft).
(Quelle: inbestergesellschaft).

Dass der gesamte Prozess 300 Stunden Arbeit, Diskurs und Aushandlung für uns bedeuten würde, habe auch ich nicht erwartet. Die meist sehr theoretische Literatur dazu gab wenig Aufschluss. „Heute wissen wir: Es ist jede Minute wert. Und jede weitere, die es noch bedarf, wird es wert sein“, sagt unser Co-Geschäftsführer Philipp auch noch ein Jahr danach. Die Learnings und Reflexionen waren für mich mindestens genauso wichtig wie die strukturelle Veränderung.

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Beipiel Rollenbesetzung

Was ist die Summe der Aufgaben als Projektmanagerin? Wenn dies klar und definiert ist, ist auch die Verantwortlichkeit geklärt. Die Person mit der größten Expertise und Lust auf die Rolle ist dann die beste Besetzung. Wir haben diesen Schritt der Rollenverteilung durch eine offene Wahl ergänzt. Wir haben im Team gegenseitig die Potenziale der Kolleg*innen für die konkreten Rollen eingeschätzt. Dieser Austausch war für uns alle ein sehr wertschätzender Moment. Hier entstand ein offener Diskurs darüber, was einem zugetraut wird. Die Einschätzung der Kompetenz wurde durch die Erfolge und Spannungen der gemeinsamen Arbeit bewertet und belegt und fiel für jede und jeden von uns positiver aus als unsere Selbsteinschätzung.

Immer schön dynamisch bleiben

Wir haben erkannt: Die Leitplanken des Rollenmodells und die Literatur dazu reichten nicht aus. Wir brauchten ergänzende und konkrete Methoden und Tools. Klare Moderationsverantwortung stellte sich für mich als besonders wichtig heraus. Das Durchlaufen des Prozesses ohne externe Moderation eröffnete uns die Möglichkeit, eine Teamentwicklung auf einem höheren Niveau zu erleben. Eine Offenheit bei der Fremd- und Selbsteinschätzung und die Äußerung von Spannungen zu Aufgaben beleuchtete bereits im Prozess Aspekte, die im Nachgang oder direkt geklärt werden konnten.

Die Flexibilität, die erforderlich war, wenn es keine klare Methode gab, der man folgen konnte, ermöglichte es, die Wünsche und Vorschläge des Teams für eine iterative Entwicklung zu berücksichtigen. Die Moderation blieb bei den definierten Personen. Dennoch lenkten Themen, die starke Spannungen im Team hervorrufen, den Ablauf mit.

Man muss und kann vorher den Prozess im Detail nicht kennen, aber es ist richtig toll, wenn auf Bedürfnisse und Dynamiken reagiert wird.

Kollege von Nina Kipping

Auch ich zog positive Erfahrungen aus dieser Erfahrung als prozessoffene Moderatorin. Im fortschreitenden Verlauf der Meetings entstand dennoch immer wieder der Diskurs, ob eine externe Moderation besser gewesen wäre: Neutralität und die Möglichkeit, dass wir uns dann alle in der gleichen Rolle befinden und gleichermaßen auf die jeweiligen Schritte fokussieren können, kann entspannter sein. Außerdem werden dadurch Rollenkonflikte des Prozesses aufgelöst. Liegt die Moderation nur bei der Geschäftsführung, bewegt man sich in gelernter Hierarchie. Übernimmt ein Teammitglied die Leitung, können gewohnte und reale Abhängigkeiten zu angepasstem Verhalten führen.

Wie kann dann überhaupt eine Veränderung stattfinden? Indem man das neue Rollenverständnis nutzt, um diese Spannungen konstruktiv aufzulösen, wie ich es mit meinem Team erleben durfte. Als Moderatorin war es dann nicht unbedingt einfacher, die Vorgesetzten zu coachen. Doch das Selbstverständnis der Rolle „Moderatorin“ gab mir in der Ausführung Selbstvertrauen. Für die anderen war wiederum klar: Uns weist nicht einfach eine Kollegin an, sondern die Person mit der Expertise zur Moderation.

Wer sind wir und wenn ja, wie viele?

In 10 Runden digitaler Treffen während der Coronapandemie haben wir auf 8 Mitarbeitende 113 Rollen mit je 5 bis 10 konkreten Verantwortlichkeiten ausmachen können. Auf einem digitalen Whiteboard wurden gemeinsam alle Aufgaben des Teams mit konkreten Verantwortungen zusammengetragen. Es entstand ein Cluster, das eine erstaunliche Masse von Tätigkeiten aufzeichnete. Es gab ein paar wenige Rollenkarten, die fest den beiden Geschäftsführern zugeordnet waren und blieben, z. B. arbeitsrechtliche oder finanzielle Themen.

Alle weiteren Aufgaben wurden mit frischem Blick und neu initiiertem Verständnis verteilt, angenommen oder abgelehnt. Jede Rolle wurde von mindestens einer Person eingenommen, sodass eine Person auch mehrere Rollen innehaben kann. Dabei waren manche Rollen an Expertise gebunden und andere ergaben sich beinahe natürlich: Abrechnungswesen liegt bei Philipp, weil er der Experte auf dem Gebiet ist. Alle sind Kollegin oder Kollege und sind in dieser Rolle Feedback-Geber*in oder Mitarbeitende an der Organisation.

Rollenpool bei inbestergesellschaft: Digitales Whiteboard mit 113 Rollen (Quelle: inbestergesellschaft).
Rollenpool bei inbestergesellschaft: Digitales Whiteboard mit 113 Rollen (Quelle: inbestergesellschaft).

Die Meetings verteilten sich auf 5 Terminserien mit folgenden Zielsetzungen:

  1. Note, Vote und Decide: Rollen benennen, clustern und deren Aufgaben definieren
  2. Dot-Voting und Diskussion: Entwicklung der Rollenkarten, die alle Rollen einheitlich beschreiben
  3. Offene Diskussion: Definition jeder einzelnen Rolle mit konkreten Verantwortungen und Aufgaben
  4. Anonyme Wahl und folgende offene Wahl: Besetzung der Rollen
  5. Retrospektive: Reflektion des Prozesses und Festhalten der Erkenntnisse
Rollencluster bei inbestergesellschaft (Quelle: inbestergesellschaft).
Rollencluster bei inbestergesellschaft (Quelle: inbestergesellschaft).

Rolle vorwärts oder rückwärts: Welcher Prozess ist der richtige?

Die Verteilung dieser Arbeit auf mehrere Termine fand ich für den Prozess gewinnbringend, um konkrete Themen zu fokussieren und Ergebnisse zwischen den aktiven Terminen zu reflektieren. Ein wiederkehrendes Thema war für uns, welches Vorgehen effizient und sinnvoll ist, um alle nötigen Rollen und Aufgaben ausfindig zu machen. Heute würde ich mich für einen anderen Ansatz entscheiden: Wir würden alle Rollen definieren, die es für einen optimalen Arbeitsprozess bedarf und nicht alle bestehenden Rollen zusammentragen. So würde leicht sichtbar, ob wir in dieser Konstellation alle Kompetenzen abdecken oder ob wir weitere Mitarbeitende benötigen, um das Arbeiten zielführend und wünschenswert zu gestalten – das ist schließlich unser Ziel. Diese Vorgehensweise erfordert eine Auseinandersetzung mit dem Purpose des Unternehmens, der beabsichtigten Arbeitskultur und den gewünschten Prozessabläufen. Der personelle Bedarf zu diesen Aspekten definiert die Rollen und verhindert, dass Rollen eingenommen, aber nicht gelebt werden. Mir ist bewusst, dass diese Zweifel am aktuellen Prozess in einer dynamischen Entwicklungsphase häufig auftreten. Und sie sind relevant. Hier ist es für mich wichtig, diese Spannungen festzuhalten; beispielsweise auf einem Themenparkplatz – ein Tool, das ich sehr zu schätzen gelernt habe.

„Is it safe enough to try? Wir wussten auch schon zu Beginn, dass wir kein perfektes Ergebnis erzielen werden, sondern uns auf einen Weg begeben, auf dem wir uns trauen, Neues auszuprobieren und so echte Veränderung zulassen“, reflektierte meine Kollegin, als ich mit ihr über meine Spannung sprach, nicht zu wissen, wo uns der Prozess hinführe. Ich muss Unklarheiten im Prozess nicht notwendigerweise sofort mit Maßnahmen begegnen. Im Nachgang hat es uns geholfen, den Projektverlauf noch mal zu skizzieren und Aufgaben und Verantwortungen weiter zu diskutieren. So konnten Rollen auch nach den Terminen angepasst und feiner ausgearbeitet werden.

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Nach dem Prozess ist vor dem Prozess

Das neue geschaffene Rollenmodell bringt zwei klare Vorteile:

  • Klarheit über Zuständigkeiten, die konkret adressiert werden können
  • Neu verteilte Verantwortung für dieselben Mitarbeitenden, die ein verändertes Arbeiten und eine neue Art der Kommunikation schaffen sollen.

Das Rollenmodell endet deshalb nicht mit der Verteilung der Rollen. Vielleicht beginnt es auch gerade da erst. Die neue Struktur muss im täglichen Arbeiten aktiv gelebt und von allen Beteiligten umgesetzt werden. In dem Moment, in dem Verantwortung neu und umverteilt wird, muss sich jede*r im Team bewusst sein, dass diese übernommen bzw. abgegeben wird. Wir haben einstimmig beschlossen, dass eigene Spannungen auszusprechen sind, wenn sie gespürt werden und das Arbeiten beeinflussen. Im besten Fall hat man auch schon eine Lösung. Und wenn nicht, wird dieses Unbehagen dennoch ernst genommenKlingt nach Kuschel-Pädagogik? Keinesfalls.

„Die hohe Selbstorganisation und Eigenverantwortung verlangt, dass Themen direkt zu klären sind. Und das ist nicht immer leicht. Aber das Rollenmodell schützt vor persönlichen Konflikten“, meint ein Kollege. Er sieht besonderes Potenzial für den direkten Austausch im Workflow, um Kritik von der Person zu lösen und an die Rollenerwartung richten zu können. „Als Kollege gibt es oft gar kein Problem. Als Grafiker warte ich aber auf Infos, die das Projekt und damit die gemeinsamen, kreativen und wirtschaftlichen Ziele betreffen.“ Die Macht verteilt sich ebenso wie die Sorgfaltspflicht. Wir möchten ein fundierteres Verständnis über die größeren Zusammenhänge etablieren, die unser Tun beeinflussen. Darüber hinaus wollen wir deutlich machen, dass jeder Beitrag zu einem Projekt nicht nur eine Aufgabe, sondern ein wesentlicher Bestandteil der gemeinsamen Arbeit und des Erfolgs von inbestergesellschaft ist.

Rollenverständnis bei inbestergesellschaft (Quelle: inbestergesellschaft)
Rollenverständnis bei inbestergesellschaft (Quelle: inbestergesellschaft)

Klare Verantwortung, statt stille Erwartung

Der Wandel von Positionen zu Rollen verändert die Kommunikation nach außen. Wenn die volle Projektverantwortung bei der Texterin liegt und sie als Projektleitung auftritt, stellt sich keine Frage der Kompetenz, über Budgets zu entscheiden oder Ergebnisse abzunehmen. Das Vertrauen, das aus unserem Team in die Rolle und in die Expertise der Person fließt, geht über sie in die Kommunikation und Arbeit mit Kund*innen über und generiert Sicherheit auf beiden Seiten. Es steht nicht zur Debatte, dass es, wenn ich ein Projekt verantwortlich zeichne, womöglich „über“ mir noch jemanden gibt, der eine validere oder eine höhere Entscheidungsinstanz innehat.

Das Selbstbewusstsein, das im Team entsteht, ist zweifelsfrei eine der bedeutendsten Auswirkungen. Die hierarchische Kontrolle weicht verteilter und ausgesprochener Verantwortung. Dass es für alle von uns – Geschäftsführung und Mitarbeitende – nicht immer einfach ist, die Kontrolle abzugeben oder die Macht anzunehmen, ist sicher nachvollziehbar und immer noch ein laufender Prozess. Das gilt auch für unsere Kund*innen, die sich damit anfreunden müssen, dass die volle Projektverantwortung nicht bei der Geschäftsführung liegen muss. Doch der stetige Austausch und die Möglichkeit, bei Bedarf die identifizierten Expertisen im Team anzufragen, lässt Sicherheit wachsen – nach innen und außen. Die Erfahrungen, die im Laufe der Zeit durch die Arbeit in den Rollen gesammelt werden, führen zu Erfolgen, die mögliche Ängste kontinuierlich abbauen. Die Transparenz in der Verantwortlichkeit hilft uns sowohl bei der Aufgabenverteilung als auch in der Umsetzung. Konstruktive Kritik und offene Kommunikation identifizieren wir hier Lernfeld und entscheidendes – vielleicht das entscheidende – Momentum. Die ausgesprochenen Erwartungen stecken Rechte und Pflichten ab. Mehr noch: Aus stillen Erwartungen werden klare Aufgaben. Die transparenten Rollenanforderungen schaffen die Rahmenbedingungen, sich darin frei zu bewegen. Ist klar, was zu tun ist, wird auch nachvollziehbar, ob es getan wird. Arbeiten wird greifbar und nachvollziehbar – für alle Seiten.

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Und jetzt? Das Neue muss Gewohnheit werden

So komplex es wirken mag, gelernte Strukturen zu hinterfragen und sie zu ändern oder aufzulösen ist möglich: indem man es tut. Aber vor allem, wenn alle mitziehen. Das bloße Vorhaben oder die Motivation aus einem Workshop reicht niemals, wenn gleichzeitig doch an alten Mustern festgehalten wird. Das verhindert jede Entwicklung zu neuen Systemen. Wir sahen diese These dadurch bestätigt, dass Personen, die verhindert waren, an wichtigen Sitzungen während des Prozesses teilzunehmen, tatsächlich fehlten. Die Entwicklung, raus aus dem Alten in das Neue, muss bestmöglich gemeinsam gestaltet werden. Es braucht das gemeinschaftliche Bewusstsein und den Willen für das neue Arbeiten. Neue Mitarbeitende konnten sich jedoch gut in das sich bereits transformierende System einfinden.

Immer gilt: Better done than perfect! Rollen müssen mit Leben gefüllt und naturgemäß erprobt und austariert werden. Dynamisch und prozessoffen bleiben, auch wenn scheinbar strikte Strukturen geschaffen werden, das war für mich besonders relevant. Müssten wir Prozess wiederholen, würdemeine Wahl auf externe Facilitation fallen. Auch wenn ich das vertraute Miteinander, das ohne externe Moderation größer ist, als eine gute Erfahrung für das Team erachte. Die externe Facilitation kann helfen, Rollenkonflikte in der Doppelrolle „Moderation“ und „Teil des Teams“ zu minimieren. Hier steht man dem Prozess nie komplett ergebnisoffen gegenüber. Eine bedarfsorientierte Rollenidentifizierung würde ich ebenso bevorzugen, damit wir nicht übersehen, was oder wer für das beste Arbeiten nötig ist und vielleicht noch fehlt.

Es ist eine Erfahrung als Agile Coach, auf die ich nicht verzichten möchte. Vieles, was ich gelernt hatte, wurde im Prozess anwendbar und brachte mir noch mal besseres Verständnis für die praktische Anwendung. Der Prozess ist persönlich spannend und unternehmerisch wertvoll. Wir arbeiten mit mehr Produktivität und Kreativität, mehr Klarheit und Sicherheit. Es ist eine echte Investition und sie lohnt sich. Denn wir erleben uns wirksam und wichtig – für uns selbst, den gemeinsamen Erfolg und die Gesellschaft.

Zur Person: Nina Kipping

Nina Kipping ist seit März 2021 Projektmanagerin und Organisationsentwicklerin bei der Kölner Strategie- und Designagentur inbestergesellschaft. Nina hat zuvor Sportmanagement und Betriebswirtschaftslehre studiert und als Produkt- und Projektmanagerin u.a. bei STAGG & FRIENDS GMBH und Vietentours gearbeitet. Von Mai 2022 bis März 2023 hat sie die Agile Coach Ausbildung bei Me & Company absolviert und mit einem IHK-Zertifikat abgeschlossen.

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