Intrapreneurship: So fördern Sie unternehmerisches Denken
In einer Zeit, in der Innovation und Anpassungsfähigkeit über den Markterfolg entscheiden, gewinnt Intrapreneurship zunehmend an Bedeutung. Darunter versteht man das Unternehmertum innerhalb des Unternehmens. Unternehmerisches Denken und Handeln der Mitarbeitenden hilft Organisationen, ihre Innovationsfähigkeit zu steigern und proaktiv auf Marktveränderungen zu reagieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Unternehmen durch die Förderung von Intrapreneurship neue Wege beschreiten und sich in einer sich wandelnden Geschäftswelt behaupten.
Was ist Intrapreneurship?
Ein Intrapreneur ist ein Mitarbeitender, der unternehmerisches Denken und Handeln innerhalb einer Organisation fördert. Intrapreneure nutzen bestehende Strukturen, um neue unternehmerische Konzepte, innovative Produkte, Geschäftsmodelle oder Dienstleistungen zu entwickeln und umzusetzen. Sie sind sich der Ziele und der Vision ihres Unternehmens bewusst und akzeptieren diese Leitplanken als Orientierung für ihre Arbeit. Ihr Handeln hat direkten Einfluss auf den Erfolg und die Entwicklung des Unternehmens. Deshalb setzen sich Intrapreneure dafür ein, aktiv zur Erreichung der Unternehmensziele beizutragen. Sie erkennen Chancen, gehen Risiken ein und übernehmen Verantwortung – immer mit dem Ziel, Innovationen voranzutreiben und das Unternehmen voranzubringen.
Intrapreneurship vs. Entrepreneurship
Intrapreneurship und Entrepreneurship sind zwei Begriffe, die den Kern unternehmerischen Denkens verkörpern, jedoch mit unterschiedlichen Ansätzen und Zielen. Die folgende Tabelle zeigt die wichtigsten Unterschiede zwischen einem Intrapreneur und einem Entrepreneur, um ihre jeweiligen Merkmale und Wirkungsweisen zu verdeutlichen.
Vorteile des Intrapreneurships
Intrapreneurship hat viele Vorteile für Unternehmen. Es fördert innovative Ideen und das unternehmerische Potenzial der Mitarbeitenden. Dadurch differenzieren sich Unternehmen am Markt und erzielen Wettbewerbsvorteile. Gleichzeitig trägt es zur positiven Entwicklung der Unternehmenskultur bei und motiviert die Beschäftigten zu unternehmerischem Denken.
Mehr Innovation
Intrapreneurship ermöglicht Mitarbeitenden, neue Ideen innerhalb eines sicheren Unternehmens zu entwickeln und auszuprobieren. Dadurch werden die Mitarbeitenden ermutigt, über den Tellerrand hinauszuschauen und kreative Lösungen für bestehende Probleme zu finden. So können kontinuierlich Innovationen entstehen. Die Umsetzung dieser innovativen Ideen kann zur Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen führen, die dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.
Umsätze steigern und Kosten einsparen
Intrapreneurship kann direkt zur Umsatzsteigerung beitragen. Mit der Entwicklung neuer Produkte oder der Verbesserung bestehender Angebote erschließen Intrapreneure neue Marktsegmente oder erhöhen den Marktanteil in bestehenden Segmenten. Dies führt neben einer Umsatzsteigerung auch zu einer Stärkung der Marktposition des Unternehmens. Ein eindrucksvolles Beispiel hierfür ist Haier. Der chinesische Produzent von Haushaltsgeräten erleichterte durch eine veränderte Organisationsstruktur Innovationen und steigerte dadurch seinen Umsatz um 60 Prozent. Mehr über das innovationsfördernde Organisationsmodell von Haier erfahren Sie weiter unten.
Gleichzeitig kann die Förderung unternehmerischen Denkens im Unternehmen zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Wenn Mitarbeitende dazu angehalten werden, Budgets effizient und wirtschaftlich zu verwalten, entwickeln sie ein größeres Verantwortungsbewusstsein. Ein solches Bewusstsein minimiert unnötige Ausgaben und führt zu gezielteren Investitionen, die die finanzielle Gesundheit des Unternehmens langfristig sichern.
Verbesserung der Unternehmenskultur durch Intrapreneurship
Intrapreneurship trägt wesentlich zur Verbesserung der Unternehmenskultur bei, indem es eine Atmosphäre schafft, die Eigeninitiative und Kreativität fördert. Wenn Mitarbeitende ermutigt werden, ihre Ideen einzubringen und experimentelle Projekte voranzutreiben, entsteht eine dynamischere und innovationsfreudigere Arbeitsumgebung.
Diese innovative Unternehmenskultur stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und die Verbundenheit zum Unternehmen, was sich positiv auf die Arbeitsmoral und die Mitarbeiterbindung auswirkt. Eine Kultur der Offenheit und des gegenseitigen Vertrauens fördert auch die interne Kommunikation und Zusammenarbeit, was wiederum die Effizienz und Produktivität des Unternehmens weiter steigert.
Talente fördern
Die Förderung von Talenten durch Intrapreneurship bekämpft effektiv den Führungskräftemangel, indem es Mitarbeitenden die Möglichkeit bietet, ihr eigenes unternehmerisches Potenzial zu entfalten. Durch die Übernahme von Projekten mit echter Verantwortung und die Möglichkeit, innovative Lösungen zu entwickeln, können sich Talente innerhalb des Unternehmens beweisen und weiterentwickeln. Diese praktische Erfahrung ist besonders wertvoll für die Identifikation und Schulung zukünftiger Führungskräfte.
Intrapreneurship ermöglicht es den Unternehmen nicht nur, Talente frühzeitig zu erkennen, sondern auch gezielt zu fördern und langfristig an sich zu binden. Wenn Mitarbeitende die Möglichkeit sehen, sich innerhalb der Organisation weiterzuentwickeln, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie sich nach Karrieremöglichkeiten außerhalb des Unternehmens umsehen. Dadurch schafft Intrapreneurship eine Win-win-Situation: Das Unternehmen sichert sich qualifizierte und motivierte Fach- und Führungskräfte und die Mitarbeitenden erhalten Entwicklungsperspektiven.
Rahmenbedingungen für Intrapreneurship
Intrapreneurship fördert das Innovationspotenzial der Mitarbeitenden und bietet Unternehmen eine wertvolle Quelle für neue Ideen und Wachstum. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, ist jedoch die gezielte Gestaltung förderlicher Rahmenbedingungen im Arbeitsumfeld und in der Unternehmenskultur unerlässlich.
Ressourcen
Ein entscheidender Faktor für die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für Intrapreneurship sind die verfügbaren Ressourcen. Zeit ist hierbei eine wesentliche Komponente. Es stellt sich die Frage: Wie viel Arbeitszeit können Mitarbeitende für die Entwicklung neuer Ideen aufwenden?
Ein bekanntes Beispiel ist die 15-Prozent-Regel von 3M, die es Mitarbeitenden erlaubt, 15 Prozent ihrer Arbeitszeit für eigene Projekte aufzuwenden. Diese Praxis führte zur Erfindung der berühmten Post-its. In ähnlicher Weise ermöglichte die 20-Prozent-Regel von Google die Entwicklung bahnbrechender Produkte wie Gmail und Google Maps während der sogenannten „Experimentierzeit“.
Neben dem Zeitfaktor ist das verfügbare Know-how eine weitere kritische Ressource. Entscheidend für die Förderung der Innovationsfähigkeit sind die Möglichkeiten der Mitarbeitenden, sich intern und extern auszutauschen und Weiterbildungsangebote zu nutzen. Manchmal kann die Zusammenarbeit mit Expert*innen aus vollkommen anderen Bereichen wahre Wunder bewirken. Ein Beispiel dafür ist die bekannte Schuhmarke Reebok. Reebok hat sich mit Experten aus der Raumfahrt zusammengetan und den revolutionären Reebok Pump entwickelt – einen Schuh mit einem speziellen, aufblasbaren Luftkissen. Diese ungewöhnliche Kooperation zeigt, wie durch den Austausch von Wissen und Ideen Innovationen entstehen können.
Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Handlungsspielräume der Mitarbeitenden. Folgende Fragen sind zentral für die Innovationskraft eines Unternehmens:
- Wie viel Freiraum haben die Mitarbeitenden?
- Über welches Budget verfügen sie?
- Welche Entscheidungen können sie treffen, ohne an bürokratische Hürden zu stoßen?
Innovation geschieht, wenn Menschen die Freiheit haben, Fragen zu stellen, und die Ressourcen und die Macht, Antworten zu finden.
Zur Optimierung dieser Bedingungen könnten Unternehmen über die Einführung spezieller Innovationsbudgets nachdenken, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, Risiken einzugehen, ohne die finanziellen Reserven des Unternehmens zu gefährden. Auch eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Rahmenbedingungen hilft sicherzustellen, dass sie weiterhin Innovationen fördern und nicht unbeabsichtigt behindern.
Offene und wertschätzende Kommunikation
Essenziell für eine innovationsfördernde Kultur ist eine offene und wertschätzende Kommunikation. Er Schlüssel liegt in einem Umfeld, in dem Ideen frei und ohne Angst vor Kritik oder Ablehnung geäußert werden können. In einer solchen Atmosphäre der psychologischen Sicherheit fühlen sich die Teammitglieder ermutigt, kreative und unkonventionelle Lösungen zu präsentieren und zu diskutieren. Auch wenn eine Idee auf den ersten Blick nicht vielversprechend erscheint, kann sie dennoch der Grundstein für einen durchschlagenden Erfolg sein.
Wichtige Elemente der Team-Zusammenarbeit sind gegenseitige Unterstützung und konstruktives Feedback. Dies hilft den Gruppen dabei, Hindernisse zu überwinden und Probleme effektiv zu lösen. Zudem motiviert die Wertschätzung von Ideen die Mitarbeitenden und fördert ihr Engagement. So können sich Ideen voll entfalten und das Potenzial für Innovationen optimal genutzt werden.
Fehlerkultur & Fördern von Experimenten
Für Unternehmen ist es von essenzieller Bedeutung, eine konstruktive Fehlerkultur zu etablieren. Fehler sind alltägliche Ereignisse und der Schlüssel liegt nicht darin, sie zu vermeiden, sondern aus ihnen zu lernen. Genau darauf zielt die Veranstaltungsreihe „Fuckup Nights“ ab, bei der Unternehmer*innen und Mitarbeitende ihre Fehlschläge öffentlich teilen und anderen wertvolle Lektionen vermitteln. Die ursprünglich in Mexiko initiierte Veranstaltungsreihe hat sich mittlerweile global etabliert und findet in deutschen Städten wie Düsseldorf, Frankfurt, München und Berlin statt. Auch namhafte Unternehmen wie OTTO, Daimler und Danone erkennen den Erfolg dieser Events und nutzen sie, um eine offene Fehlerkultur zu etablieren und aus Misserfolgen zu lernen.
Ein weiteres inspirierendes Beispiel ist die Herangehensweise von booking.com. Das Unternehmen führt 25.000 Tests pro Jahr durch. Zu jedem Zeitpunkt sind Millionen von Landing-Page-Varianten online: Zwei Kund*innen sehen wahrscheinlich unterschiedliche Versionen – auch wenn sie sich mit ihren Rechnern am gleichen Ort befinden. Das Buchungsportal hat eine Kultur geschaffen, in der Experimente als integraler Bestandteil des Geschäftsprozesses angesehen werden. Die umfangreichen Experimente trugen maßgeblich dazu bei, dass sich Booking.com in weniger als zwei Jahrzehnten von einem kleinen niederländischen Start-up zur weltweit größten Online-Unterkunftsplattform entwickelte. Dies demonstriert die Relevanz einer experimentierfreudigen Mentalität und einer Kultur des Lernens aus Fehlern für den Erfolg, auch in einem sehr dynamischen Marktumfeld.
Der einzige Weg zum Sieg besteht darin, schneller zu lernen als alle anderen.
Von Relevanz ist zudem der Lean-Startup-Ansatz, der von Eric Ries in seinem Werk „The Lean Startup” dargelegt wird. Ries betont, dass Unternehmen durch schnelles Experimentieren und das Lernen aus Fehlern zu nachhaltigem Erfolg gelangen können. Er legt dar, dass aus jedem Experiment wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden können, sei es durch A/B-Tests oder die Anpassung von Produkten. In einer sich ständig verändernden Geschäftswelt ist Geschwindigkeit der Schlüssel zum Erfolg.
Intrapreneurship in der Praxis
Viele Unternehmen haben bereits Intrapreneurship-Programme, eigene Inkubatoren oder sogar die gesamte Organisation darauf ausgerichtet. Damit beschleunigen sie den Innovationsprozess und erzielen Wettbewerbsvorteile. Hier einige Beispiele, wie Unternehmen Intrapreneurship leben.
Radical Intrapreneurship- Haier RenDanHeyi
Haier hat seine Organisationsstrukturen komplett transformiert und wurde somit vom fast bankrotten chinesischen Kühlschrankunternehmen zu einem weltweit führerenden Hersteller für Haushaltsgeräte. Das chinesische Unternehmen hat circa 70.000 Beschäftigte und organisiert sich in fast 4.000 internen Microenterprises. Diese Kleinunternehmen können die notwendigen Ressourcen von Haier nutzen, behalten aber auch die Fähigkeit, schnell zu wachsen und sich bei Bedarf von Haier zu trennen. Die selbstverwalteten Mikrounternehmen sind alle kleine, unabhängige Einheiten mit eigener Gewinn- und Verlustrechnung. Etwa 200 Microenterprises entwickeln Produkte, während die übrigen 3.800 als interne Dienstleistungseinheiten fungieren.
Das RenDan-Heyi-Modell von Haier fördert die Schaffung eines vernetzten Ökosystems, in dem Nutzer*innen, Mitarbeitende und Partner*innen nahtlos zusammenarbeiten, um einen Mehrwert zu schaffen. Laut CEO Zhang Ruimin geht es nicht darum, Aufgaben an Mitarbeitende zu delegieren und sie zu „befähigen“. Jede*r soll sein eigener Chef*in sein, damit Haier gemeinsam als Organisation wachsen kann und nicht nur von wenigen Schlüsselpersonen abhängig ist.
Zwei Elemente werden bei Haier besonders betont. Zum einen ist das die Kundennähe: Es soll keine Distanz zu den Endverbraucher*innen geben. Zum anderen hat die Freisetzung des unternehmerischen Potenzials oberste Priorität. Es soll so gearbeitet werden, dass jeder Mitarbeitende ein*e Unternehmer*in ist.
DB Intrapreneurs
Im Jahr 2017 wurde das Programm DB Intrapreneurs von der Deutschen Bahn ins Leben gerufen, um die digitale Transformation der Bahn zu begleiten. Mitarbeitende können hier ihre Ideen einbringen und haben die Möglichkeit, digitale Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln.
So nutzt die Deutsche Bahn die Innovationskraft und Kreativität aus den eigenen Reihen. Bislang haben 260 Mitarbeitende aus über 20 verschiedenen Unternehmensbereichen haben ihre Ideen in das Programm eingebracht. Insgesamt sind vier Corporate-Start-ups entstanden, die die digitale Transformation vorantreiben.
BASF Chemovator
Die Chemovator GmbH ist der Business-Inkubator und die Intrapreneurship-Initiative der BASF. Sie bietet Intrapreneuren einen geschützten Rahmen für die Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte und digitaler Geschäftsmodelle. Eine der ersten Gründungen war die BOXLAB Services GmbH. BOXLAB Services hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Abläufe in der Lieferkette durch schnelle und nachhaltige Lösungen im Bereich der Produktverpackung zu verbessern.
Im Chemovator erwartet die Teilnehmenden eine unterstützende Organisationsstruktur, die verschiedene Bereiche wie Personal, Finanzen, Recht und viele weitere Schlüsselaspekte abdeckt. Dieses Netzwerk bietet Zugang zu potenziellen Partner*innen und Investor*innen, die Ressourcen und Unterstützung bereitstellen können. Zusätzlich zu diesem Unterstützungsangebot bietet Chemovator Mentoring und Coaching an, um die persönliche und berufliche Entwicklung zu fördern. Regelmäßige Networking-Veranstaltungen schaffen Gelegenheiten zum Austausch und zur Zusammenarbeit mit Gleichgesinnten.
Fazit
Intrapreneurship ist ein wesentliches Element zur Förderung von Unternehmergeist und Innovation. Es fordert und fördert Talente, stärkt die Unternehmenskultur und bringt wirtschaftliche Vorteile in Form von Umsatzsteigerungen und Kosteneinsparungen. Damit diese Vorteile voll ausgeschöpft werden können, müssen jedoch bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sein. Dazu gehören ausreichende Ressourcen wie Zeit und Wissen, eine offene und wertschätzende Kommunikation sowie eine positive Fehlerkultur, die es den Mitarbeitenden ermöglicht, kreativ und innovativ zu denken. Erfolgreiche Beispiele wie Haier, BASF oder die Deutsche Bahn zeigen, wie Intrapreneurship erfolgreich umgesetzt werden kann.