UX Research: Leitfaden für User Research 2024
UX Research (auch User Research) ist ein wesentlicher Bestandteil des menschenzentrierten Gestaltungsprozess. User Research sorgt für die Entwicklung von Lösungen, die die Erwartungen von Benutzer*innen erfüllen und nachweislich für Mehrwert sorgen. Dieser umfassende Leitfaden befasst sich mit den Grundlagen der Nutzerforschung und gibt einen praxisnahen Überblick über die verschiedenen Methoden, Vorgehensweisen und Best Practices des UX Research.
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Was ist UX Research?
Unter User Experience (kurz: UX) Research versteht man das Vorgehen, mithilfe verschiedener Beobachtungstechniken und Forschungsmethoden, Erkenntnisse über das Verhalten, die Bedürfnisse und Probleme von Nutzern zu gewinnen.
Ziel ist es, bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, die Perspektive von Nutzern und (potenziellen) Kunden einzubeziehen. So ermöglicht Nutzerforschung (UX Research) es, Wissen über Nutzer*innen aufzubauen und somit bessere, nutzerzentrierte Entscheidungen innerhalb der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen zu treffen.
Warum ist UX Research wichtig?
Sowohl bei der Entwicklung von gänzlich neuen als auch bei der Weiterentwicklung bestehender Produkte und Dienstleistungen sind Kunden- bzw. Nutzerforschung unabdingbar.
Nur durch das gezielte Sammeln von Erkenntnissen über die Wünsche, Bedürfnisse, Probleme und Barrieren (potenzieller) Nutzer*innen schaffen Sie langfristig erfolgreiche Produkte.
Nutzerforschung macht die meisten Produktpotenziale und Verbesserungen erst sichtbar. So haben beispielsweise UX-Experten bei einem US-amerikanischen E-Commerce-Unternehmen herausgefunden, dass allein die Anpassung einer Schaltfläche im Online-Shop bereits einen großen Effekt auf die Nutzerfreundlichkeit hat – und auf das Geschäft des Onlinehändlers: Das Unternehmen steigerte seinen jährlichen Umsatz um 300 Millionen Dollar.
Die Vorteile von UX Research
Auch wenn Kundenforschung zusätzliche Aufwände und Kosten für Unternehmen verursacht, ist es langfristig fast immer kostspieliger, keinen UX Research durchzuführen. Es gibt vier wesentliche Vorteile, die die zusätzlichen Aufwände rechtfertigen:
Entscheidungen können datengestützt und im Sinne des Nutzers getroffen werden
Ganz klar: Einer der wichtigsten Vorteile von UX Research innerhalb des Design- und Produktentwicklungsprozesses besteht darin, das Nutzerverhalten zu verstehen und bessere, datengestützte Entscheidungen zu treffen.
Um jedoch die richtigen Entscheidungen aus den Forschungsergebnissen abzuleiten, müssen die gesammelten Erkenntnisse durch UX-Experten hinterfragt und in den richtigen Kontext gesetzt werden.
Dabei ist qualitative Forschung nur ein Baustein im Entscheidungsprozess. Die Erkenntnisse sollten durch weitere quantitative Metriken untermauert werden, zum Beispiel durch Traffic-Analysen, Chatbot-Feedback, Online-Umfragen oder Heatmaps. Das Zusammenspiel all dieser Daten führt letztendlich zu Produkt- und Designentscheidungen, die sowohl datengetrieben als auch nutzerzentriert sind.
Beispielsweise berichtet Sian Townsend, ehemalige Directorin of Research bei Intercom, wie ihr Team durch User Research herausgefunden hat, dass Benutzer*innen Nachrichten im Live-Chat mehr Aufmerksamkeit schenken, wenn diese Profilbilder von den Mitarbeitenden des Unternehmens enthalten:
Das Team bei Intercom hat sehr früh im Design-Prozess auf Nutzerforschung gesetzt und konnte dadurch die Ausrichtung der Produktentwicklung maßgeblich beeinflussen. Letztendlich haben diese frühen Erkenntnisse sogar dafür gesorgt, dass sie ein komplett neues Produkt namens “Acquire” eingeführt haben.
Vorurteile und persönliche Präferenzen können innerhalb des Designprozesses verhindert werden
Unsere täglichen Entscheidungen und Denkmuster werden meist unbewusst durch sogenannte kognitive Verzerrungen (engl: Cognitive Biases) beeinflusst. Vereinfacht gesagt: Wir haben bewusste und unbewusste Vorurteile, die unser Denken, Handeln und Wahrnehmen beeinflussen. In der menschzentrierten Gestaltung sind mehr als 100 dieser kognitiven Verzerrungen bekannt.
UX Research sorgt dafür, dass wir unsere persönlichen „Verzerrungen“ so gut es geht außer Acht lassen und Entscheidungen datenbasiert im Sinne der Nutzer*innen treffen.
Durch die verschiedenen Methoden und die richtigen Fragestellungen im Rahmen der Nutzerforschung können vorgefertigte Annahmen aufgedeckt und nachweislich bestätigt oder widerlegt werden.
Überlegen Sie:
- Welche Annahmen über Ihre Kunden und Nutzer haben Sie?
- Können Sie alle davon durch Daten bzw. Forschungsergebnisse belegen?
Falls nicht, könnte Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung auf Basis falscher Annahmen aufgebaut sein!
Weniger Risiko durch frühe Erkenntnisse und validierte Annahmen
Ein weiterer Vorteil von UX Research ist die frühe Validierung von Hypothesen. User Research bietet die Möglichkeit, Ideen und Annahmen noch vor der Gestaltungs- oder Entwicklungsphase zu überprüfen und mit Nutzer*innen zu testen.
Dadurch verringert sich das Risiko von Fehlentwicklungen und sorgt für Sicherheit auf unterschiedlichen Ebenen:
- Researcher können sicher sein, die richtigen Probleme zu untersuchen.
- Designer können sicher sein, die richtigen Lösungen zu gestalten.
- Entwickler können sicher sein, die richtigen Lösungen zu programmieren.
- Marketing und Vertrieb können sicher sein, die richtige Zielgruppe und deren Probleme anzusprechen.
- Manager und Teamleiter können sicher sein, dass an den richtigen Dingen gearbeitet wird.
- Unternehmen und Investoren können sicher sein, dass sich die investierten Ressourcen lohnen.
Arbeit an Lösungen mit echtem Mehrwert für Nutzer*innen und Kund*innen
Der letzte Vorteil von UX Research hat zwei Ebenen:
Zum einen stellt man durch gute Kundenforschung sicher, dass die eigenen Ideen und Produkte tatsächlich einen Mehrwert für Nutzer*innen und Kund*innen bieten. Das sollte logisch sein, oder? Doch was so einfach klingt, wird in der Praxis von vielen Teams und Unternehmen nicht aktiv hinterfragt.
Dadurch entstehen Produkte und Dienstleistungen, die wenig oder nur zufällig Mehrwert für ihre Nutzer*innen bringen. Unternehmen, die auf dieser Basis agieren, haben es schwer, nachhaltig Kund*innen zu gewinnen bzw. bestehende Kund*innen zu halten. Aufgrund mangelnder Nutzerforschung besteht also die Gefahr, langfristig gegen Konkurrenten mit besserer Kundenzentrierung zu verlieren.
Neben diesen externen Faktoren sorgt die Lösung echter Nutzerprobleme auch für große Motivation innerhalb des eigenen Teams. Denn es gibt wenige Dinge, die stärker motivieren, als das Leben von Menschen nachweislich besser zu machen. Den Sinn in der eigenen Arbeit zu erkennen, ist ein wichtiger Bestandteil für persönliches Glück und intrinsische Motivation.
Eine UX-Research-Strategie erstellen
Je nach Umfang und Zielsetzung kann die Durchführung von UX Research ein aufwändiges Unterfangen sein. Es entstehen nicht unwesentliche Aufwände bei Mitarbeitenden oder externen Dienstleistern. Dass sich diese Investition lohnt, haben wir im vorherigen Abschnitt durch die Beschreibung der Vorteile von User Research aufgezeigt.
Doch Research ist nicht gleich Research. Neben der Auswahl von geeigneten Methoden und Vorgehensweisen sollten Forschungsziele gesetzt werden und die strategische Ausrichtung auf die übergeordneten Ziele des Unternehmens einzahlen.
Daher ist die Erstellung einer UX-Research-Strategie ein wichtiger Schritt vor dem operativen Start der eigentlichen Nutzerforschung. Wir klären, was genau eine UX-Research-Strategie ist, was es zu beachten gilt und wie man ein schlagkräftiges Research-Team aufbaut.
Was ist eine UX-Research-Strategie?
Eine UX-Research-Strategie bildet die Grundlage aller geplanten UX-Research-Aktivitäten. Sie kann als Fahrplan verstanden werden, um die Ziele der Nutzerforschung zu erreichen. Gleichzeitig bildet eine gute Research-Strategie ein gemeinsames Verständnis für alle Projektbeteiligten und bietet Einblick in die übergeordneten Ziele und Hintergründe.
Die Strategie hält fest,
- welche Forschungsziele warum verfolgt werden,
- welche Barrieren und Probleme es zu beachten gilt,
- welche Methoden und Vorgehensweisen genutzt werden,
- wann die einzelnen Aktivitäten stattfinden und
- welche Personen wie beteiligt sind.
Dabei muss das Erstellen einer UX-Research-Strategie nicht aufwändig sein. Auch ein ausgefülltes Lean Strategy Board ist eine gute Möglichkeit, die eigene Strategie zu visualisieren.
Eine gute Strategie sollte auf eine (PowerPoint-) Seite passen.
Warum braucht man eine Research-Strategie?
In erster Linie geht es darum, sich der eigenen Ziele und Vorgehensweisen bewusst zu werden und nicht kopfüber mit der erstbesten Forschungsmethode durchzustarten. Eine UX-Research-Strategie bietet einen klaren Rahmen, mit dem das Research-Team die eigenen Ressourcen fokussieren und Aktivitäten planen kann.
Zusätzlich kann eine (UX Research-)Strategie für größere Akzeptanz innerhalb der Organisation sorgen. Sie macht Kolleg*innen und Stakeholdern transparent deutlich, welchen konkreten Mehrwert Nutzerforschung bietet und wie die geplanten Aktivitäten auf die übergeordneten Abteilungs- oder Unternehmensziele einzahlen.
Außerdem kann eine UX-Research-Strategie dabei helfen, die Fortschritte und Ergebnisse der Nutzerforschung messbar zu machen. Zum Beispiel durch das Festlegen von Objektives und Key Results (OKRs).
Diese Punkte sollten in der Research-Strategie beantworten werden
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, ist eine UX-Research-Strategie eine zentrale Voraussetzung für verwertbare Forschungsergebnisse. Doch bei der Erstellung tun sich UX-Teams meistens schwer. Darum haben wir sechs zentrale Fragestellungen gesammelt, die Sie im Rahmen der Strategieentwicklung beantworten sollten.
Für wen machen wir Research?
Natürlich, jede Art von Nutzerforschung dient am Ende des Tages der Verbesserung des Nutzererlebnisses (User Experience). Doch welche Stakeholder, Teams oder Kolleg*innen profitieren unmittelbar von den Ergebnissen der Research-Aktivitäten?
Wenn Sie genau definieren, für wen Sie die angedachten Maßnahmen durchführen, können zukünftige Entscheidungen davon abgeleitet werden. Denn je nachdem, wer der Empfänger Ihrer Forschungsergebnisse ist, kann sich die Auswahl der Forschungsmethode, die zu untersuchende Nutzergruppe oder die finale Aufbereitung der Ergebnisse verändern.
Warum führen wir User Research durch?
Viele Research-Projekte stellen die Frage nach dem „Warum“ gar nicht erst. Dabei sollte von Anfang an klar festgehalten werden, welche Forschungsziele verfolgt werden und was genau herausgefunden werden soll. Meistens gibt es eine dieser beiden Situationen:
- Neue Daten, Erkenntnisse oder Ideen sollen generiert werden.
- Bestehende Ideen, Hypothesen oder Prototypen sollen validiert werden
Was wollen Sie herausfinden?
In engem Zusammenhang mit dem „Warum“ steht die Frage „Was soll untersucht werden?“. Die Antwort variiert von Projekt zu Projekt und es gibt eine Vielzahl möglicher Ausrichtungen. Es ist aber in jedem Fall sinnvoll, die zu untersuchenden Artefakte kurz zu benennen. Zum Beispiel könnten das sein:
- Ein bestehendes Produkt
- Ein Serviceerlebnis
- Ein bestehendes / gewünschtes Nutzerverhalten
- Eine Hypothese / Theorie
- Ein Design- oder Navigationselement
- Ein Bild- oder Textelement
- Ein Prototyp einer Website
- Ein Geschäftsmodell
- …
Zu welchen Zeitpunkten soll der UX Research stattfinden?
Den richtigen Startpunkt der Research-Maßnahmen auszuwählen, ist mitunter gar nicht so leicht. Meistens ist die Antwort „wenn der Prototyp fertig ist“. Doch es gibt auch Situationen, bei denen das richtige Timing eine wichtige Rolle spielt.
Möchte man beispielsweise die Bedienung einer Navigations-App für Bergwanderungen testen, sollten Jahreszeit, Ort und Wetter Einfluss auf den Testzeitpunkt haben.
Bei einer Alpenüberquerung im Winter und mit dicken Handschuhen wird die Bedienung der App stark von den örtlichen Gegebenheiten beeinflusst. Würde man die gleiche App im Sommer bei bestem Wetter testen, würde man unter Umständen komplett andere Erkenntnisse gewinnen.
Neben dem Zeitpunkt im Kalenderjahr sollte auch die Phase innerhalb der Produktentwicklung beachtet werden. Personas zum Beispiel sollten sehr früh im Entwicklungszyklus erstellt und validiert werden. Denn die gewonnenen Erkenntnisse haben starken Einfluss auf alle weiteren Produkt- und Designentscheidungen. Als eines der letzten Artefakte vor dem Start der Softwareentwicklung kann ein klickbarer High-Fidelity-Prototyp wiederum erst in einer späteren Projektphase getestet werden.
Generell gilt: UX Research sollte so früh und so oft wie möglich stattfinden. Am besten in jeder Phase der Produktentwicklung – natürlich mit jeweils anderen Methoden und Forschungszielen. Auch vor wichtigen Entscheidungen oder bei Unklarheiten kann eine Forschungsrunde für Sicherheit sorgen.
Wie zahlt der Research auf die übergeordneten Unternehmensziele ein?
Wie jede Maßnahme oder Aktivität im Unternehmen sollte auch UX Research auf übergeordnete Unternehmens- oder Abteilungsziele einzahlen. Darum ist es sinnvoll zu verdeutlichen, welchen Wert die geplante Nutzerforschung im Kontext der übergeordneten Ziele hat.
Das sorgt bei Stakeholdern und dem Research-Team gleichermaßen für die Sicherheit, dass an den richtigen Dingen gearbeitet wird und die eingesetzten Ressourcen sinnvoll investiert sind.
Und wenn es keine übergeordneten Ziele gibt oder diese unklar sind? Dann kann eine interne Interviewrunde mit den relevanten Stakeholdern, Manager*innen und Führungskräften für Klarheit sorgen.
Versuchen Sie im gemeinsamen Gespräch mehr über die individuellen Wünsche, Anforderungen und Ziele dieser Personen und Ihrer aktuellen Projekte herauszufinden. Leiten Sie daraus Schwerpunkte für Ihre Forschung ab.
Denn letztendlich hat jede Art von Nutzerforschung das Ziel, bessere Entscheidungen zu treffen. Und sobald durch Ihre Forschung diese Entscheidungsfindung erleichtert oder verbessert wird, zahlen die Research-Aktivitäten automatisch auf unternehmensweite Ziele ein.
Welche Personen und Rollen führen User Research durch?
Zuletzt sollten alle für den UX Research relevanten Rollen benannt werden. Eine Rolle definiert sich durch Kompetenzschwerpunkte und Aufgaben innerhalb des Research-Projekts. Es ist hier also nicht die Rede von Titeln oder Positionsbezeichnungen. Außerdem geht es nicht darum, konkrete Personen zu benennen.
Vielmehr sollte festgehalten werden, welche Kompetenzen für die Erreichung der Forschungsziele benötigt werden und welche Aufgaben dahinterstecken. Da es möglich ist, als Teammitglied mehrere Rollen gleichzeitig auszuführen und diese je nach Bedarf zu wechseln, ist es gar nicht wichtig schon in der UX-Research-Strategie spezifische Personen einer Rolle zuzuweisen.
Eine Auflistung der relevanten Rollen gibt Projektleiter*innen und anderen Stakeholdern aber einen guten Überblick über die benötigten personellen Ressourcen und Kompetenzen. Sollte es hier zeitlich oder fachlich Engpässe geben, können Sie direkt zu Beginn nach Lösungen suchen. Zum Beispiel durch eine Veränderung der Forschungsmethoden, des Zeitplans oder das Hinzufügen weiterer Teammitglieder.
5 Tipps für die eigene UX-Research-Strategie
Zuletzt haben wir noch fünf Tipps aus der Praxis, mit denen die Erstellung und Umsetzung einer erfolgreichen UX-Research-Strategie einfacher wird.
Tipp 1: Stakeholder onboarden und UX Research im Unternehmen verankern
Viele Konzepte und Strategien scheitern, weil es keine Akzeptanz bei wichtigen Stakeholdern innerhalb der Organisation/Abteilung gibt. Daher ist es ratsam, zentrale Stakeholder frühzeitig zu identifizieren und ins Boot zu holen.
Im besten Fall wirken diese bei der Entwicklung der Strategie mit. Wenn das nicht möglich oder gewollt ist, sollten Sie zumindest transparent über den Stand der Strategieentwicklung informiert werden.
Es sollte deutlich werden, wie genau die UX-Research-Strategie auf die übergeordneten Ziele des Unternehmens einzahlt und wie die konkreten Bedürfnisse und Probleme der jeweiligen Stakeholder berücksichtigt werden.
Tipp 2: Das Research-Team frühzeitig zusammenstellen
Schon während der Strategieentwicklung sollten Sie überlegen, welche Rollen nötig sind und wie Sie diese durch eigene Teammitglieder oder externe Dienstleister besetzen können.
Diese Überlegungen sollten nicht in eine komplette Personal- und Urlaubsplanung ausarten. Es geht eher darum, sich frühzeitig bewusst zu werden, welche Personengruppen generell für die angedachten UX-Aktivitäten benötigt werden. So können Sie die Strategie auf die vorhandenen, personellen Rahmenbedingungen zuschneiden. Falls externe Unterstützung oder Neueinstellungen nötig sind, können Sie entsprechende Kosten von Beginn an einplanen.
Tipp 3: Sammlung und Dokumentation unternehmensweiter Prinzipien, Vorgehensweisen und „Best Practices“
Wenn man häufiger UX-Research-Projekte durchführt, ist eine Sammlung unternehmensweiter Prinzipien, Vorgehensweisen und „Best Practices“ sinnvoll. So müssen Sie das Rad nicht jedes Mal neu erfinden. Denn auch wenn Forschungsziele und Methoden je nach Situation variieren können, verändern sich die grundlegenden Prinzipien und Vorgehensweisen innerhalb des Teams/Unternehmens nur selten.
Durch die Festlegung allgemeingültiger Grundsätze stellen Sie sicher, dass neue Teammitglieder, externe Agenturen und andere Projektteilnehmer im Einklang bleiben. Gleichzeitig wird dadurch ein methodischer Standard und eine konsistente Qualität der Forschungsergebnisse gewährleistet.
Beispiele für übergreifende UX Research Prinzipien:
- „Wir stellen unseren Nutzern nur persönliche Fragen, wenn dadurch nachweislich Wert für unsere Nachforschungen generiert wird.“
- „Wir fragen vor jedem Interview um Erlaubnis, das Gespräch und die gesammelten Daten aufzuzeichnen und weiterzuverarbeiten.“
- „Wir haben keine Vorurteile, bleiben unvoreingenommen und hinterfragen aktiv unsere Annahmen.“
Tipp 4: Übersichtliche Dokumentation aller Entscheidungen und Pläne
Eine UX-Strategie wird meistens in gemeinsamen Workshops oder Arbeitsterminen von mehreren Personen entwickelt. Die Ergebnisse innerhalb dieser Termine werden zum großen Teil auf Post-its festgehalten. Entweder analog oder digital durch Tools wie Miro oder Mural.
So oder so ist es wichtig, die getroffenen Entscheidungen im Anschluss ordentlich zu dokumentieren und für alle Teammitglieder und Stakeholder im Nachgang verfügbar zu machen. Auch die weiteren Schritte und die operative Umsetzung sollte im Anschluss besprochen und festgehalten werden.
Das funktioniert mit einem ausgefüllten Strategie-Canvas, einer Präsentation oder einer Confluence-Seite. Das Medium ist nicht so wichtig, solange die Ergebnisse schnell nachvollziehbar und unmittelbar erreichbar sind.
Denn nur so kann der nächste Tipp umgesetzt werden:
Tipp 5: Regelmäßiger Abgleich der täglichen Arbeit mit der definierten Research-Strategie
Selbst die beste Strategie ist nur wenig wert, wenn sie nicht umgesetzt wird. Darum sollten Sie in regelmäßigen Abständen die tägliche Arbeit mit der ursprünglichen UX-Research-Strategie abgleichen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Sie die gesetzten Ziele erreichen und die eingesetzten Ressourcen sinnvoll verteilen.
Anforderungen können sich ändern, das ist normal. Doch wenn die Arbeit eines Teams über einen längeren Zeitraum nicht auf die übergeordnete Strategie einzahlt, weist das auf ein Problem hin.
Vielleicht wurde die ursprüngliche Strategie nicht gut kommuniziert. Vielleicht sind die Mitarbeiter mit anderen Tätigkeiten ausgelastet. Oder vielleicht wissen die Kolleg*innen nicht, wie sie aus der abstrakten Strategie operative Tätigkeiten für die eigene Arbeit ableiten können.
Es kann viele Gründe geben. Aber ohne einen regelmäßigen Abgleich im Team werden diese Probleme gar nicht oder nur zeitverzögert aufgedeckt.
Welche Rollen werden benötigt?
Welche Rollen werden im Rahmen eines UX-Research-Projekts benötigt? Wir stellen die wichtigsten Rollen im Zusammenhang der Nutzerforschung vor und bewerten deren Relevanz.
Wichtig: Natürlich ist die Team-Zusammenstellung immer stark vom Unternehmen, der Projektsituation und den Forschungszielen abhängig. Darum bleiben wir bewusst auf einer hohen Flugebene und verallgemeinern einige Punkte.
Aufbau eines UX-Research-Teams
Für eine erfolgreiche UX-Research-Strategie ist es wichtig, die richtigen Leute im Team zu haben. Unabhängig davon, ob Ihr Forschungsteam bereits besteht oder noch im Aufbau ist. Nur wenn die richtigen Rollen, Fähigkeiten und Kompetenzen zusammenkommen, kann Nutzerforschung langfristig und effektiv stattfinden.
Research Lead
Der „Research Lead“ ist sozusagen der Kapitän des Teams. Die Rolle verantwortet den Erfolg des Projektes und arbeitet größtenteils organisatorisch. Aufgaben des Research Leads:
- Entwicklung der UX Strategie
- Herleitung der Forschungsziele
- Zusammenstellung des Teams
- Austausch mit Stakeholdern
- Präsentation der Forschungsergebnisse
- Ableitung der nächsten Schritte und Maßnahmen
Dabei arbeitet diese Rolle eng mit anderen Teammitgliedern und Fachexpert*innen zusammen und bindet diese in die genannten Aufgaben ein.
Auch wenn hier von einem „Lead“ die Rede ist, handelt es sich in dieser Rolle nicht zwangsläufig um eine Führungs- bzw. Management-Position. Da Rollen auch mehrfach von der gleichen Person besetzt werden können, kann beispielsweise auch ein UX Researcher oder Product Owner des Teams als Lead fungieren.
Der Research Lead ist hierarchisch also mit den anderen Rollen gleichgestellt. Denn im Wesentlichen geht es nur darum, dass es eine Person gibt, die den Erfolg des Projekts bzw. der Nutzerforschung verantwortet. Sie behält die Ziele im Blick und unterstützt dabei, diese bestmöglich zu erreichen.
Da diese Rolle eine selbstbewusste Kommunikation sowie tiefes Methoden- / Fachwissen benötigt, sollte eine möglichst erfahrene Person diese Rolle ausführen.
UX Researcher
Die Rolle des „UX Researcher“ bezeichnet alle Personen, die operativ die Aktivitäten und Methoden der UX-Forschung durchführen. Sie haben ein detailliertes Verständnis von User Experience und im besten Fall einen Hintergrund im UX/UI Design oder anderen Forschungsbereichen, z.B. der Marktforschung.
Aufgaben der UX Researcher Rolle:
- Auswahl geeigneter UX-Forschungsmethoden
- Erstellung von Research-Plänen
- Aufbau von User Tests und Fragebögen
- Rekrutierug von Testpersonen und Interview-Teilnehmern
- Eigenverantwortliche Durchführung der gewählten Forschungsaktivitäten
- Dokumentation und Aufbereitung der Forschungsergebnisse
- Ableitung von Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen
Durch ihr tiefgreifendes Wissen über Analyse- und Researchmethoden ist diese Rolle die zentrale Anlaufstelle für alle Fragestellungen rund um UX Research.
Wahrscheinlich machen UX Researcher den Großteil des Forschungsteams aus. Zum Anfang reicht aber auch eingespieltes Duo mit unterschiedlichen Fokusgebieten. Ideal wäre zum Beispiel ein qualitativer Researcher, der Interviews mit viel Empathie durchführen kann sowie ein quantitativer Researcher mit statistischen Fähigkeiten, der Daten in großem Maßstab analysieren kann. Ein solches Duo kann etwaige Muster schnell aufdecken und Ergebnisse richtig interpretieren.
Data Analyst (optional)
Wenn es das Budget hergibt, kann ein dedizierter Data Analyst eine gute Bereicherung für ein größeres Research- oder Produktteam sein. Auch wenn UX Researcher die quantitative Analyse von Daten durchführen können, kann ein Data Analyst mit Fachwissen aus der Statistik, Mathematik oder der Programmierung eine große Bereicherung sein.
Diese Rolle kennt sich mit datengetriebenen Forschungsmethoden bestens aus und kann die technische Messung der Daten (in einem gewissen Umfang) sogar selbstständig implementieren.
Damit bietet sich ein Data Analyst vornehmlich für größere Teams/Unternehmen an, die schon ein etabliertes Produkt mit vielen Nutzern haben.
UX Designer (optional)
Je nach Interpretation der Rolle und Auslegung innerhalb des Unternehmens übernehmen UX Designer mitunter auch Aufgaben der UX-Researcher-Rolle. Die Übergänge sind hier fließend, aber im Sinne dieses Artikels machen wir eine klare Unterteilung:
Die Rolle des UX Designers ist für die nutzerzentrierte Gestaltung des Produkts verantwortlich. Dabei greifen UX Designer Ergebnisse aus frühen Forschungsrunden auf (z.B. Personas oder eine User Journey) und überführen diese in konkrete, testbare Artefakte wie Sitemaps, Wireframes oder Prototypen.
UX Designer sind die besten Freunde der UX Researcher und stetig mit Ihnen im Austausch. Die eine Rolle sorgt für Erkenntnisse, die andere Rolle wandelt diese in neue Prozesse, Prototypen und Designs um. Nicht selten kommt es vor, dass eine Person gleichzeitig in beiden Rollen fungiert.
Developer (optional)
Entwickler werden selten als fester Bestandteil eines Forschungsteams gesehen. Meistens werden sie für die Umsetzung konkreter Prototypen oder Landingpages benötigt, die dann z.B. innerhalb von Usability- oder Fake-Door-Tests getestet werden. Sofern kein Data Analyst mit entsprechenden Kenntnissen im Team ist, kümmern sich Entwickler ebenfalls um die Implementierung von Analyse-Tools wie z.B. Google Analytics oder Hotjar.
Product Owner / Product Manager (optional)
In der agilen Softwareentwicklung verantwortet die Rolle des Product Owners/Managers den Erfolg des Produkts. Aber auch für analoge Produkte oder Dienstleistungen werden POs/PMs eingesetzt. Ihre zentrale Aufgabe ist es, den Wert des jeweiligen Produkts zu maximieren. Im besten Fall wissen sie alles über ihr Produkt, den Markt, die Konkurrenten und natürlich die verschiedenen Nutzergruppen.
Doch woher weiß ein Product Owner, wodurch der Wert des Produktes gesteigert werden kann? Durch Nutzerforschung! Und genau deswegen ist diese Rolle eine zentrale Schlüsselfunktion für jedes Research-Team.
Sofern der Product Owner nicht gleichzeitig als UX Researcher aktiv ist (was nicht selten der Fall ist), formuliert er Forschungsziele, Ideen und Hypothesen zur Verbesserung des Produktes. Und diese können wiederum als Input für die übergreifende Research-Strategie und die durchzuführenden Aktivitäten dienen.
Eine kontinuierliche Nutzerforschung, auch „Product Discovery“ genannt, ist für ein Produktentwicklungsteam unglaublich wichtig. Nur so können alle Beteiligten sicher sein, dass an den richtigen Dingen gearbeitet wird und Ressourcen sinnvoll eingesetzt werden.
Das perfekte UX-Research-Team …
… gibt es nicht. Wir können hier nur Leitplanken und Best Practices beschreiben. Am Ende hängt die optimale Team-Zusammenstellung von etlichen Faktoren des jeweiligen Unternehmens ab.
Aber so viel kann man sagen: Letztendlich hängt der Erfolg eines UX-Research-Teams weniger von der genauen Anzahl und Zusammenstellung der Rollen ab. Viel wichtiger ist die Art der Zusammenarbeit sowie Kultur und UX-Reifegrad des Unternehmens bzw. des Teams.
Wie man selbstgeführte Teams dazu befähigt, Höchstleistungen zu leisten und ein Growth Mindset zu entwickeln, haben wir in den folgenden Artikeln ausführlich beschrieben:
Internes Team oder externer Dienstleister?
Mitarbeitende einstellen und ein internes UX-Research-Team aufbauen oder externe Dienstleister beauftragen, die die Nutzerforschung weitgehend autark übernehmen? Oder irgendwas dazwischen? Für viele Unternehmen eine Kernfrage beim Aufbau bzw. Start ihrer UX Research und Usability-Aktivitäten. Und tatsächlich gibt es gute Argumente für beide Vorgehensweisen:
Research durch eine UX-Agentur/Beratung
Die Beauftragung einer spezialisierten UX-Agentur bzw. Beratung hat viele Vorteile. Die dortigen Mitarbeitenden sind absolute Expert*innen und bringen meistens einen umfangreichen Methodenkoffer und langjährige Projekterfahrung aus verschiedenen Branchen mit.
Außerdem können bei Agenturen platzierte Projekte meist schnell starten und nach wenigen Wochen erste Ergebnisse abliefern. Das ist bei internen Teams teilweise schwieriger, da es oft Engpässe bei den eigenen UX-Teams gibt. Agenturen sind an dieser Stelle also eine Art Katalysator für die geplanten Research-Aktivitäten und sorgen für eine schnellere, effektivere Umsetzung der Projekte.
Und nicht zu vergessen: Externe Berater können bei internen Stakeholdern meist bessere Überzeugungsarbeit leisten und für größere Akzeptanz sorgen. Sie sind es gewohnt, Ergebnisse anschaulich aufzubereiten und kommunikativ zu verteidigen. So kommt es nicht selten vor, dass den Worten einer externen Quelle mehr Vertrauen geschenkt wird, als denen der eigenen Mitarbeitenden.
Ein klarer Nachteil von externen Dienstleistern ist, dass gesammeltes Wissen nicht oder nur stellenweise bei den eigenen Mitarbeitenden aufgebaut wird. Während der Projektlaufzeit bauen die externen UX Researcher viel Kundenwissen auf. Dieses geht nach der Beauftragung natürlich verloren. Eine gute Aufbereitung und Dokumentation der Ergebnisse sowie das Coaching von internen Mitarbeitenden kann dem natürlich (teilweise) vorbeugen.
Aufbau eines internen (UX)-Research-Teams
Im Gegensatz zur Zusammenarbeit mit einem externen Partner, können Sie auch ein internes UX-Research-Team aufbauen. Damit schaffen Sie eine unglaublich wertvolle „User-Experience-Taskforce“, um nachhaltig Wissen über die eigenen Produkte und Nutzer*innen zu sammeln.
Außerdem können sich die eigenen Teams perfekt auf die Bedürfnisse des Unternehmens anpassen und z.B. grundlegende Standards etablieren, häufige Prozesse automatisieren oder regelmäßige Rituale etablieren. All diese Dinge sind mit externen Dienstleistern nur begrenzt möglich.
Alles selbst und aus einer Hand leisten zu können, ist aus diesen Gründen für viele Unternehmen ein erstrebenswerter Weg. Ein erfolgreiches Beispiel ist Sipgate. Der Telekommunikationsanbieter hat seit jeher auf interne UX- und Research-Teams gesetzt und sich damit weitgehend unabhängig von externen Dienstleistungen gemacht. Das funktioniert so gut, dass mittlerweile die User Experience und das Design Ihrer Produkte zum Alleinstellungsmerkmal gegenüber der Konkurrenz geworden ist.
Doch so schön das klingt, ist für viele Unternehmen der langfristige Aufbau eines UX-Teams eine zu große Kostenstelle. Neben den reinen Personalkosten kommen noch Ausgaben für Arbeitsmaterialien, Tools und Fortbildungen hinzu. In Summe entsteht schnell ein jährlicher Kostenpunkt im sechsstelligen Bereich.
Empfehlung: Was ist nun besser?
Eine eindeutige Antwort gibt es leider nicht. Letztendlich hängt die Entscheidung von vielen Faktoren wie Unternehmensgröße, Budget, Zeitplanung oder UX-Reifegrad des Unternehmens ab. Außerdem gibt es verschiedene Modelle der Zusammenarbeit mit externen Anbietern, die das Beste aus beiden Welten verbinden. Daher unsere Empfehlung:
Ein dediziertes Team nur für UX Research aufzubauen, ist aufgrund der Personalkosten erst ab einer gewissen Unternehmensgröße und einem Research-Budget im mittleren sechsstelligen Bereich sinnvoll.
Die Einstellung von ein bis zwei UX Researchern ist aber auch für kleinere Unternehmen lohnenswert. Ein Duo aus zwei sich ergänzenden Researchern kann unternehmensweit und gleichzeitig für mehrere Produktteams arbeiten und ist ein erster Schritt, um Nutzerzentrierung im Unternehmen zu verankern.
Für spezielle Forschungsmethoden oder Fachgebiete können Sie dann zusätzlich auf eine UX Agentur zurückgreifen. Zum Beispiel, wenn es um die Durchführung von Usability-Tests geht oder ein Prototyp konzipiert, gestaltet und programmiert werden soll. Das wären klassische Themen, die über die Kompetenzen und zeitlichen Ressourcen eines internen UX Researchers hinausgehen.
Zuletzt kann auch eine langfristige Partnerschaft mit einer UX-Beratung sinnvoll sein. Initial kann diese zum Beispiel beim Aufbau eines UX-Teams unterstützen und im weiteren Verlauf die internen Kollegen als Coach begleiten. Für akute Projekte, Workshops und Forschungsziele ist ein externer Dienstleister oftmals sogar preiswerter als der Aufbau eines internen Teams. Und das trotz teilweise vierstelliger Tagessätze.
Vorgehen, Prinzipien und Arten des User Research
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher UX-Research-Methoden mit jeweils anderen Schwerpunkten, Vorgehensweisen und Zielen. Die Methoden lassen sich in drei Dimensionen einordnen:
- Einstellungsbezogen vs. Verhaltensbasiert
- Generativ vs. Bewertend
- Qualitativ vs. Quantitativ
Die folgende Matrix visualisiert diese Einordnung für die 20 beliebtesten UX-Research-Methoden:
Einstellungsbezogen vs. Verhaltensbasiert
Die erste Dimension stellt einstellungsbezogene und verhaltensbasierte Methoden gegenüber. Oder einfacher ausgedrückt: „Was Nutzer sagen“ versus „Was Nutzer tun“.
Das Ziel von einstellungsbezogener Forschung liegt darin zu verstehen, wie und was Personen denken. Methoden wie Card Sorting geben einen tieferen Einblick in das mentale Modell eines Nutzers, sodass beispielsweise Informationsarchitekturen oder Navigationspunkte einer Website evaluiert werden können. Einstellungsbezogene Methoden machen es außerdem möglich, Glaubenssätze, Vorlieben und Denkweisen zu erkennen.
Da das Gesagte nicht immer mit den tatsächlichen Handlungen der Benutzer*innen übereinstimmt, sollten die Forschungsergebnisse immer mit verhaltensbasierten Methoden bestätigt werden. Diese Methoden sind vornehmlich datengetrieben und fokussieren sich auf das messbare Verhalten von Nutzern. Zu den stark verhaltensbasierten Methoden zählen zum Beispiel A/B-Tests oder Eye-Tracking. Bei beiden Methoden werden lediglich die konkreten Handlungen der Nutzer gemessen, ohne auf die zugrundeliegenden Gedankengänge einzugehen.
Die meisten User-Research-Methoden liegen irgendwo zwischen diesen beiden Unterscheidungen. In der Praxis werden in der Regel beide Arten verwendet bzw. miteinander verbunden, um belastbare Ergebnisse zu erzielen.
Generativ vs. Bewertend
Generative Forschungsmethoden wie Interviews oder Feldstudien werden eingesetzt, um gänzlich neue Informationen über die Ziele und Motivationen von Nutzer*innen zu gewinnen und deren Verhalten in der Tiefe zu verstehen. Das Ziel besteht darin, die Probleme und Motivationen von Nutzer*innen zu identifizieren.
Meistens findet generative Forschung in der Entdeckungsphase der Produktentwicklung statt und wird in der Regel vor der Erstellung von Wireframes, UX/UI Designs oder Prototypen durchgeführt. Es geht vielmehr darum sicherzustellen, dass die Probleme und Bedürfnisse der Nutzergruppe identifiziert werden und das Team an den richtigen Problemlösungen arbeitet.
Auf der anderen Seite werden durch bewertende Forschungsmethoden schon bestehende Ansätze, Ideen oder (prototypische) Lösungen getestet. Ziel ist es herauszufinden, ob die angedachten/vorhandenen Lösungen nutzerzentriert gestaltet sind und die identifizierten Probleme der Nutzer*innen tatsächlich lösen. Aus diesem Grund finden bewertende Methoden in der Testphase des Produktentwicklungs-Zyklus statt.
Qualitativ vs. Quantitativ
Weiterhin kann man im UX Research zwischen qualitativer und quantitativer Forschung unterscheiden.
Qualitative Forschung wird meistens verwendet, um Einsichten oder Beobachtungen über Benutzer und Produkte oder Dienstleistungen zu sammeln. Beliebte qualitative UX-Forschungsmethoden sind z.B. Interviews, qualitative Usability-Tests und Feldstudien.
Das Ziel qualitativer Forschung ist es, Probleme oder Gelegenheiten hinsichtlich der Benutzererfahrung aufzudecken und zu verstehen, warum bestimmte Dinge passieren.
Beispielsweise könnte man eine Befragung mit Nutzer*innen durchführen, um herauszufinden, warum eine bestimmte Funktion nicht so beliebt ist. Eventuell würde sich im Laufe der Befragungen dann herausstellen, dass die Nutzer*innen den Sinn der Funktion nicht verstehen oder die Benutzung zu umständlich ist. Diese Erkenntnisse können dann mit dem Produktteam und anderen Stakeholdern geteilt werden.
Von „qualitativ“ spricht man bei dieser Art des UX Researchs, weil verhältnismäßig wenige Nutzerbefragungen stattfinden, diese aber inhaltlich umfangreich sind und immer durch ein bis zwei Researcher begleitet werden. Als Faustregel kann man sagen, dass mit fünf bis acht Nutzer*innen pro Benutzergruppe gute Ergebnisse erzielt und Schnittmengen deutlich werden.
Dabei ist es vollkommen in Ordnung, wenn Sie nur mit einer Handvoll Nutzer*innen testen. Warum das so ist, macht folgende Analogie deutlich: Stellen Sie sich vor, Sie testen das Design eines neuen Autos. Wenn fünf Personen in das Auto einsteigen und alle sich beim Einstieg den Kopf stoßen, wissen Sie, dass es hier ein Problem gibt. Sie müssen nicht noch 45 andere Leute dabei beobachten, wie diese sich den Kopf stoßen. Zum einen wäre das etwas unmoralisch, zum anderen haben schon die ersten fünf Testpersonen verdeutlicht, dass es hier Verbesserungspotenzial gibt.
Bei der quantitativen Forschung geht es hingegen um das Sammeln und Analysieren von Zahlen. Die gesammelten Daten, auch UX-Metriken genannt, beschreiben dabei immer einen bestimmten Aspekt der Benutzererfahrung. Beliebte quantitative UX-Research-Methoden sind unter anderem A/B-Tests, Heatmaps, Umfragen oder quantitative Usability-Tests.
Quantitative Methoden können Sie verwenden, um die Priorität oder das Ausmaß eines Problems zu bestimmen. Welcher Anteil der Nutzer*innen ist beispielsweise von diesem speziellen Problem betroffen? Außerdem helfen quantitative Studien, insbesondere A/B-Tests, wenn alternative Designoptionen miteinander verglichen werden sollen. Auch für das Benchmarking der Benutzererfahrung eines Produkts oder einer Dienstleistung sind qualitative Methoden die bessere Wahl.
Quantitative Studien haben meistens das Ziel, Dinge zu vergleichen. Zum Beispiel:
- Vergleich der aktuellen Version unseres Produktes mit einer älteren Version
- Vergleich unserer Lösung mit denen eines Mitbewerbers
- Vergleich von zwei verschiedenen Designs für ein bestimmtes Layout
- Vergleich von Farben, Texten oder Bildern auf einer Landingpage
Um bei quantitativen Methoden verlässliche Daten zu sammeln, benötigt man wesentlich größere Stichproben. Hier gibt es keine empfohlene Mindestprobengröße. Diese unterscheiden sich von Methode zu Methode. Doch da die Daten meistens automatisch durch Analyse- oder Umfragetools gesammelt werden, ist der damit verbundene Zeitaufwand (im Vergleich zu qualitativen Methoden) eher gering.
Sowohl qualitative als auch quantitative UX-Research-Methoden sind wertvoll für die Sammlung und Analyse von Informationen sowie die Optimierung der Benutzererfahrung. Die beste Strategie besteht darin, beide Arten in der Praxis miteinander zu verbinden und je nach Forschungsziel zu variieren.
Die wichtigsten UX-Research-Methoden
Unter der Vielzahl von UX-Research-Methoden gibt es nicht DIE eine ultimativ beste Methode. Je nach Kontext und Forschungsziel sind manche Methoden besser geeignet als andere.
Um die Unterschiede und Einsatzmöglichkeiten besser beurteilen zu können, geben wir im folgenden Kapitel einen Überblick über die wichtigsten UX-Research-Methoden.
Zur besseren Einteilung halten wir uns an die Gliederung der Nielsen Norman Group. Hier werden die UX- und Research-Aktivitäten innerhalb der Service- und Produktentwicklung in die folgenden vier Phasen eingeteilt:
- Entdecken
- Erforschen
- Testen
- Zuhören
In jeder dieser Phasen sind andere User-Research-Methoden zu empfehlen. Wobei die Übergänge natürlich fließend sind. Es gibt durchaus Methoden, die in mehreren Projektphasen relevant sind oder miteinander verbunden werden können. Ganz nach dem Motto: „Viele Wege führen nach Rom“.
Entdecken: Research-Methoden, um UX-Potenziale zu erkennen
Die Discovery-Phase (Entdecken) führen Sie vor dem Start eines neuen Produkts, Services oder einer neuen Funktion durch. In dieser Phase werden bislang unentdeckte Verbesserungspotenziale aufgedeckt. Es geht darum, Unbekanntes zu ergründen und Wissen zu sammeln.
Außerdem soll validiert werden, ob es überhaupt sinnvoll ist, ein neues Projekt anzustoßen und weitere Ressourcen zu investieren. Das Ziel ist es, Annahmen zu untersuchen und gesammeltes Wissen im Team zu teilen.
UX-Research-Methoden, um Potenziale für neue und bestehende Produkte aufzudecken:
- Feldstudien
- Tagebuchstudien
- (Tiefen-)Interviews
- Fokusgruppen
- Requirements gathering (Anforderungsanalyse)
- Markt- & Trendforschung
Erforschen: UX-Research-Methoden, um Probleme und Nutzer zu verstehen
Die Forschungsphase beschäftigt sich damit, Probleme zu verstehen. Ziel ist es herauszufinden, wie die Bedürfnisse von Nutzer*innen und Kund*innen am besten erfüllt werden können. In dieser Phase werden Ungereimtheiten untersucht, verschiedene Kontexte berücksichtigt und die Auswirkungen potenzieller neuer UX-Entscheidungen festgehalten.
UX-Research-Methoden, um Probleme und Nutzer besser zu verstehen:
- Card Sorting
- Personas
- Empathy Mapping
- Journey Mapping
- Design Reviews
- Testen von Prototypen
- Jobs to be done
- Innovation Huddle
- Top Task Analyse
- Schreiben von User Stories
- Analyse der Konkurrenz
Testen: UX-Research-Methoden, um Lösungen zu validieren
UX-Testing liefert Erkenntnisse über das Nutzungserlebnis (User Experience) und die Nutzbarkeit (Usability). Mithilfe unterschiedlicher Test- und Validierungsmethoden lassen sich die beiden wesentlichen Fragen beantworten:
- Sieht der User einen wirklichen Nutzen in dem Produkt?
- Löst die Anwendung / das Produkt ein bestehendes User-Problem?
Generell ist es empfehlenswert, häufig und so früh wie möglich mit einer Vielzahl von Personen zu testen. Allein oder in Gruppen. Letztlich geht es darum, Stellvertreter der relevanten Nutzergruppe in einem realistischen Testszenario dabei zu beobachten, wie diese mit der angedachten Lösung interagieren.
UX-Research-Methoden, um Ideen, Produkte, Designs und Funktionen zu testen:
- A/B-Testing
- Tree Testing
- Usability Testing
- Eye Tracking
- UX Audit
- Fake-Door-Testing
- Accessibility Evaluation
- Benchmark Testing
Zuhören: UX-Methoden, um Nutzer(verhalten) fortlaufend zu analysieren
Während des gesamten Research- und Design-Prozess kommt es darauf an, Nutzer*innen zuzuhören und eingehendes Feedback zu evaluieren. Schließlich sollen bestehende Probleme verstanden und neue Potenziale aufgedeckt werden. Methoden wie Umfragen und analytische, datengetriebene Überprüfungen liefern dabei fortlaufend Einblicke in die Performance der eigenen Produkte und Lösungen.
UX-Research-Methoden, um Nutzer und deren Verhalten fortlaufend zu analysieren:
- Analytische Überprüfungen
- (Online-)Umfragen und Fragebögen
- Suchanfragen Analyse
- FAQ Review
- Kontaktformular und Support Anfragen Analyse
Auswahl der richtigen UX-Research-Methode
Welche UX-Forschungsmethode eignet sich am besten, um so viele wertvolle Insights wie nur möglich zu generieren? Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Methoden, ist die Frage nicht leicht zu beantworten.
Grundsätzlich basiert die Auswahl einer geeigneten UX-Methode auf fünf simplen Kriterien:
- Projektphase: An welchem Punkt der Entwicklung stehen wir gerade?
- Fragestellung: Was möchten wir herausfinden? Welche Informationen fehlen uns?
- Ziele & Projektergebnis: Welche Art und Tiefe an Erkenntnissen benötigen wir?
- Qualitativ vs. Quantitativ: Welche Methoden liefern die besten Insights?
- Aufwand & Nutzen: Welche verfügbaren Ressourcen können und möchten wir aufbringen (Zeit, Geld)?
Wenn das Team erst einmal weiß, in welcher Projektphase es sich befindet, kann es die richtige UX-Forschungsmethode wählen:
- Befindet sich das Team beispielsweise noch in einem sehr frühen Stadium der Produktentwicklung (Findungsphase), ist eine eher explorative Arbeit mit Forschungsmethoden wie Feldstudien oder Tiefeninterviews sinnvoll.
- Möchte das Team hingegen Design-Mockups oder einen Prototyp testen, eignen sich evaluative Forschungsmethoden. Hierzu zählen zum Beispiel moderierte Usability-Tests.
- Sobald eine neue Funktion eingeführt wird, geht es darum, weiter zuzuhören und zu beobachten. In dieser Phase bieten sich unter anderem (Online-)Umfragen an.
Effektive Forschung beginnt am Ende
Ein weiteres spannendes Konzept verfolgt und beschreibt Michael Margolis (UX Research Partner bei Google Ventures) in seinem Vortrag über wirkungsvolle Forschung: Effektive Forschung beginnt am Ende.
Sein Ansatz rollt die Auswahl der geeigneten Methode(n) sozusagen „von hinten auf“. Das Research-Team definiert Fragen, die es zu beantworten versucht. Diese helfen dabei zu verstehen,
- welche Methoden angewendet werden sollten,
- mit welchen Personen gesprochen werden muss und
- welche Daten es benötigt, um die Schlüsselfragen beantworten.
UX Research: Die häufigsten Fragen
Was macht ein User (UX) Researcher?
Wenn es darum geht, ein neues Produkt oder einen neuen Service zu entwickeln, kommt die Rolle des User Researchers ins Spiel. Denn um erfolgreiche Produkte oder Services zu entwickeln, bedarf es an Wissen über die Nutzer*innen.
UX Researcher untersuchen systematisch die Zielgruppe, um Daten zu sammeln und zu analysieren, die in den Produktentwicklungsprozess einfließen.
Der Forschungsfokus spezialisiert sich dabei auf das Benutzerverhalten. Ein User Researcher identifiziert die Bedürfnisse, Motivationen und Barrieren, die Nutzer*innen im Zusammenhang mit Produkten oder Services haben.
Sprich, ein User Researcher sorgt mitunter dafür, dass Produkte oder Services zielgruppengerecht und nutzerorientiert ausgerichtet werden.
Dabei verfügen User Researcher über einen umfangreichen Werkzeugkoffer verschiedener UX-Research-Methoden.
Die gewonnenen Erkenntnisse bereitet der User Researcher für die Produktentwickler*innen, das Marketing, die Designer*innen oder Stakeholder auf.
Was kostet UX Research?
Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten. Die Kosten richten sich stark nach der Anzahl der eingesetzten User Researcher, der verwendeten Methoden und dem allgemeinen Projektumfang. Um trotzdem einen groben Anhaltspunkt zu haben, können wir die folgenden Werte aus unserer Erfahrung nennen:
Möchte man ein internes UX/Research-Team aufbauen, kann man pro Vollzeit-Mitarbeiter*in von einem Jahresgehalt (brutto) zwischen 50.000 und 70.000 EUR ausgehen. Rechnet man Arbeitgeberkosten, Material, Software und Ausstattungen hinzu, landet man pro Mitarbeitendem bei ca. 75.000 bis 120.000 EUR. Für ein kleines Team belaufen sich die Gesamtkosten also schnell auf ca. 150.000 bis 300.000 EUR pro Jahr.
Greift man auf externe Dienstleister zu, sollte man mit Tagessätzen von 800 bis 1.500 EUR rechnen. Die konkreten Preise variieren je nach Region und Erfahrungslevel der eingesetzten UX Researcher.
Für die Durchführung einzelner Methoden oder Workshops werden meistens 3.000 bis 7.000 EUR fällig. Bei größeren Projekten, mit unterschiedlichen Workshops und mehreren Forschungsrunden, bewegen sich die Kosten in der Regel zwischen 30.000 und 100.000 EUR. Wie immer ist die Spanne nach oben offen und die Ausnahmen bestätigen die Regel.
Welche UX-Research-Methode ist die beste?
Welche UX-Research-Methode sich für Sie am besten eignet, hängt weitgehend von Ihren Projektzielen ab und in welcher Phase des Designprozesses Sie sich befinden. Weitere Faktoren sind das verfügbare Budget, der anvisierte zeitliche Rahmen und wie umfangreich die Forschung ausfallen soll (Personenanzahl, Iterationen etc.).
Wählen Sie die Methoden aus, die für Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung am sinnvollsten sind. Nutzen Sie User-Research-Methoden, die Ihren spezifischen Anforderungen entsprechen und Ihnen helfen, Ihre Forschungsziele am effektivsten zu erreichen.
Anforderungen und Forschungsziele variieren von Projekt zu Projekt. Deshalb lässt sich nicht eine einzelne Methode als „die beste“ und Lösung aller Dinge vorstellen. Achten Sie einfach darauf, dass Sie eine gute Mischung aus qualitativen und quantitativen Methoden anwenden, um ein aussagekräftiges Gesamtbild zu erhalten.
Fazit
Design for Them Not for You.
Durch User Research lassen sich also Unsicherheiten im Unternehmen hinsichtlich der geplanten Produktstrategie beseitigen. Gleichzeitig minimieren Sie das finanzielle Risiko deutlich. Schließlich lassen sich Produkte und Dienstleistungen maßgeschneidert auf die Zielgruppe anpassen.
Nutzerzentriertes Design sollte die Geschäftsziele in ihrem Unternehmen ergänzen, wenn nicht sogar steuern.
Durch User Research lassen sich also Unsicherheiten im Unternehmen hinsichtlich der geplanten Produktstrategie beseitigen. Gleichzeitig minimieren Sie das finanzielle Risiko deutlich. Schließlich lassen sich Produkte und Dienstleistungen maßgeschneidert auf die Zielgruppe anpassen.
Nutzerzentriertes Design sollte die Geschäftsziele in ihrem Unternehmen ergänzen, wenn nicht sogar steuern.